Nachdem der Flugzeugführer eingestiegen ist und sich sämtliche Personen angeschnallt haben, wird der Motor angeworfen. Ein kurzer Probelauf und das Flugzeug rollt in seine Startbahn. Ein letzter Blick auf sämtliche Instrumente, der Gashebel wird auf Vollgas gestellt und bald hebt sich die „Anneliese“ 6.45 Uhr sicher vom Boden ab.
In schnellem Flug gehts über die nahen Wälder und Dessau hinweg, dessen Sicht durch einen leichten Bodennebel leider etwas beeinträchtigt ist. Die Anlage der beiden Führersitze ist derart ideal gelöst, daß man ohne Schutzbrille fliegen kann, jedoch wiederum ein evtl. „Schieben“ der Maschine durch seitlichen Wind deutlich bemerken kann.
In stetigem Steigen erreicht die Maschine bald 1000 m Höhe, von 500 zu 500 m werden die notwendigen Ablesungen vorgenommen. Ein Blick rückwärts durch eine Cellonscheibe die befriedigten Gesichter der Cabineninsassen erkennen. Langsam steigt der Höhenmesser weiter, unter uns dehnt sich der Horizont immer weiter aus, Häuser, Straßen, Eisenbahnen, Wälder und Felder werden kleiner und klener. Langsam nimmt die Außentemperatur ab.
Mit einer Geschwindigkeit von 125 km/Std. nähern wir uns einer Höhe von 2000 m. Der Umdrehungszeiger zeigt 1380 Touren in der Minute. Ein Hebelgriff und der Vergaser des Motors ist auf Höhengas eingestellt, sodaß die Touren des Propellers auf 1460 hinauf gehen. Rastlos arbeitet der Motor weiter, bald ist eine Höhe von 3000 m erreicht, es wird weiteres Höhengas gegeben. Nach 9 Minuten sind 4000 m ereicht, worauf der Vergaser vollkommen auf Höhengas eingestellt wird. Nach weiteren 12 Minuten zeigt der Höhenmesser 5000 m an.
Die Städte und Häuser -, wir befinden uns eben über Cöthen, – sind zu Spielzeugen geworden, Wälder sind kaum noch von Rübenfel-dern zu unterscheiden. Das große Elbknie ist jedoch immer deutlich erkennbar und dient uns als Orientierung, damit wir uns nicht zu weit weg von unserem Startplatz entfernen.
Da wir keine Sauerstoffapparate mitgenommen haben, hat sich in der Cabine bereits die Höhenluft bemerkbar gemacht. Ein Insasse ist blasser und blasser geworden und opfert schließlich, dieses mal allerdings nicht dem Meeres- sondern dem Luftgott. Das hindert die anderen Teilnehmer nicht, ihre Beobachtungen und Eindrücke weiter schriftlich niederzulegen.
Wir nähern uns 6000 m Höhe. Die Außentemperatur ist inzwischen auf 10o C. gesunken, sodaß man jetzt sehr wohl den dicken Fliegerpelz vertragen kann. Auch in der Cabine ist die Temperatur entsprechend gesunken. Der darin sitzende zweite Zeuge zündet sich eine Zigarette an und stellt fest, daß sie in dieser Höhe doppelt so lange vorhält, wie auf dem Erdboden, ein Grund, bei den heuti-gen Tabakspreisen nur in 6000 m Höhe zu rauchen.
Langsam steigt die „Anneliese“ weiter, sie liegt derartig ruhig und sicher in der Luft, daß der Flugzeugführer zeitweise die Steuerung loslassen kann. Es entspinnt sich nun zwischen Verfasser und Flugzeugführer eine lebhafte Zeichendebatte über den Benzin-vorrat. Die Uhr zeigt bereits nicht mehr an und immer steigen wir noch.
Um 8.10 Uhr haben wir 6750 m Höhe erreicht und entschließen uns schweren Herzens nur mit Rücksicht auf den geschwundenen Benzinvorrat zur Landung. Ein Hebelgriff und die Maschine geht sicher in den flachen Gleitflug über. Wir schweben über Coswig im großen Bogen auf Dessau zu. Der Höhenmesser sinkt schnell auf 5000, 4000, 3000 m. Ab und zu wird der Motor wieder angestellt und sofort richtet sich die Maschine auf. Die Temperatur steigt wieder langsam, sodaß die erstarrten Fuß- und Fingerspitzen allmählich wieder warm werden. Bald wird die Gegend deutlicher, noch einige große Runden über Dessau und dann schwebt die Maschine über dem Startplatz und ist 8.32 Uhr wieder glatt gelandet.