18. Februar 1921 Junkers

Am 18. Februar 1921 ereilte einen der verdienstvollsten Piloten der Junkerswerke das Fliegerschicksal: Ausgerechnet mit einer Junkers F 13, dem ersten Ganzmetall-Verkehrsflugzeug der Welt, das er kurz nach seiner Fertigstellung im Sommer 1919 mit einem Höhenweltrekord in der ganzen Welt bekannt gemacht hatte und mit dem er vertraut war wie kein anderer, stürzte Emil Monz in Lauenburg in Ostpreußen ab und verunglückte tödlich.

Am Morgen war Emil Monz kurz nach dem Hellwerden in Königsberg aufgestiegen, um den Technischen Leiter der Luftverkehrsgesellschaft „Lloyd Ostflug“, bei der Monz als Pilot angestellt war, nach Berlin zu bringen. Danzig hatten sie bereits hinter sich gelassen, als gegen 10 Uhr in der Nähe von Lauenburg (= Lębork) plötzlich in eine Nebelbank auftauchte. Arbeiter des Gutes Wussow, die auf dem Feld arbeiteten, hörten über sich ein Flugzeug kreisen und bald darauf einen Knall, konnten aber bei dem  dichten Nebel nichts erkennen. Erst zwei Stunden später, als sich der Nebel auflöste, wurden Flugzeug und Insassen auf einem Feld gefunden. Die Junkers F 13 mit der Kennung D 128 war völlig zerstört, die beiden Ingenieure Emil Monz und Oskar Kretschmar konnten nur noch als Leichen geborgen werden.
Zwei zur Unglücksstelle entsandten Junkers-Ingenieure, die den Unfall untersuchen und die Ursache ermitteln sollten, waren etwas ratlos. Vom Flugzeug war nur noch das Rumpfendstück vorhanden, der Motor war abgebrochen und seitwärts geschleudert worden, Cockpit, Kabine und Flügel waren vollständig zertrümmert und die Bruchstücke lagen über das ganze Feld verteilt.  Offensichtlich war das Flugzeug mit voller Geschwindigkeit in den Boden gerast war.

Die Junkers-Ingenieure Seubüchler und Thiedemann konnten nur vermuten, dass Monz die Orientierung verloren hatte und Nebel und Schnee nicht mehr hatte unterscheiden können.[1] Ob auch ein technischer Defekt vorgelegen hatte, war nicht mehr zu ermitteln. An die Presse wurde die Meldung weitergegeben, dass ein Flugzeug der Lloyd Ostflug im Schneesturm abgestürzt sei; die beiden Toten und die Marke des Flugzeuges wurde dabei nicht erwähnt.[2]
Der ehemalige Weltkriegsflieger Emil Monz war ein erfahrener Pilot und hatte schon etliche  Notlandungen unbeschadet überstanden. Auch Flüge im Nebel hatte er trotz der sehr sparsamen Instrumentierung der Verkehrsflugzeuge in der damaligen Zeit immer sehr gut gemeistert. So hatte zum Beispiel der Flugplatz Johannisthal am 1. November 1919 an die Junkerswerke telegrafiert, dass Monz mit seiner F 13 aus Dessau kommend glücklich gelandet sei, obwohl auf dem letzten Drittel des Fluges starker Nebel und Schneegestöber geherrscht hätte.

Etliche Wochen vor dem Unfall war jedoch bereits aufgefallen, dass Monz nicht mehr der Alte war. Der Leiter des Berliner Junkers-Büros Carl Seitz hatte am 7. Januar 1921 Prof. Junkers darauf aufmerksam gemacht: „Ich hatte den Eindruck, als ob Herr Monz nicht mehr mit der früheren Ruhe und Vorsicht fliegt. … Ich hörte auch eine Bemerkung von Geheimrat Fisch über das niedrige Fliegen über Schuppen und Dächer. Die Landung schien recht ungeschickt und nicht nur dem schlechten Platz zuzuschreiben.“  Weiter schrieb er: „Es wäre verständlich, wenn die Erlebnisse und die gegenwärtige Unsicherheit seiner Lage ungünstig auf ihn einwirkten, und ich halte es auch aus diesem Grunde für ratsam, ihm möglichst bald zu sagen, was aus ihm werden soll.“[3] Welche Erlebnisse hatten den Rekordpiloten Emil Monz, der noch wenige Monate zuvor einer der besten Piloten der Junkerswerke galt, derart verunsichert?

Wann genau der aus Stuttgart stammende Ingenieur Emil Monz in das Junkers-Flugzeugwerk eingetreten war, ist aus den noch vorhandenen Unterlagen nicht ersichtlich, auch sein Geburtsdatum ist nicht auffindbar. Sicher ist nur, dass er im März 1919 vom Reichsluftamt die Zulassung als Luftverkehrspilot Nr. 21 erhalten hatte. Diese Zulassung war vom Junkers-Flugzeugwerk beantragt worden.

Emil Monz

Zu diesem Zeitpunkt begann bei Junkers der Bau des Prototyps der F 13, ein völlig neuartiger Flugzeugtyp, der bald als erstes Ganzmetall-Verkehrsflugzeug weltberühmt werden sollte (siehe Kalenderblatt Nr. 14 ).

Zu dieser Zeit entstanden überall in Europa kleine Luftverkehrsgesellschaften, die mit ausrangierten Militärflugzeugen Post und kleinere Gepäckstücke beförderten. Für einen Passagierluftverkehr musste erst das notwendige Vertrauen in das neue Beförderungsmittel geschaffen werden.

Auch die Junkerswerke hatten nach Kriegsende eine Zulassung zum Luftverkehr beantragt. Bis zur Fertigstellung der F 13 wollten sie mit Infanterieflugzeugen J 10 eine schnelle Verbindung zwischen Dessau und dem Sitz der Nationalversammlung in Weimar herstellen und so die Anhaltische Regierung von der Nützlichkeit des Luftverkehrs überzeugen. Über den zweiten Sitz der J 10 war eine Überdachung angebracht worden, um bei Bedarf auch einen Passagier mitnehmen zu können.

Einziger Pilot dieses ersten Junkers-Luftverkehrs war anfangs Emil Monz. Er landete am 26. April 1919 trotz starken Gegenwindes nach einer Flugzeit von 45 Minuten auf dem Flugplatz Nohra bei Weimar und eröffnete damit den regelmäßigen Luftpostdienst auf der Strecke Dessau-Weimar.

Bei der Beförderung von Luftpost sollte es vorläufig auch bleiben. Trotz ständiger Werbung von Junkers Seite fand sich anfangs kein anhaltischer Beamter bereit, ein derartiges Luftabenteuer zu wagen. Erst nachdem die Flüge zwischen Dessau und Weimar über einen Monat lang problemlos verlaufen waren, fasste sich der Dessauer Oberbürgermeister Fritz Hesse ein Herz und bestellte am 16. Juni 1919 eine Flugreise für den darauffolgenden Tag.

Dieser erste Passagierflug der Junkerswerke am 17. Juni 1919 verlief ohne besondere Zwischenfälle, war allerdings für den Passagier Hesse kein reines Vergnügen. Ein kräftiger Wind sorgte dafür, dass das Flugzeug in der Luft hin- und hergerissen wurde und bei Hesse eine derartige Übelkeit erzeugte, dass er sein Frühstück wieder von sich gab. Er war heilfroh, als Monz endlich in Weimar landete.

Oberbürgermeister Fritz Hesse und Pilot Emil Monz nach der Ankunft in Weimar

Der in Dessau wohnhafte preußische Staatsrat Wolfgang Heine wollte hinter dem Oberbürgermeister nicht zurückstehen und hatte nun ebenfalls sein Interesse an einem Flug bekundet. Um Heine die Ungefährlichkeit einer Luftreise nochmals zu demonstrieren, ließ sich der Propagandachef der Junkerswerke Hermann Mierzinsky vom Piloten Monz am 18. Juni 1919 mit einer J 10 nach Weimar kutschieren. Auf dem Rückflug hatte Monz Gelegenheit, sein Können auch in schwierigen Situationen unter Beweis zu stellen. Auf der Hälfte der Strecke bockte der Motor und Monz musste auf einem Gerstenfeld notlanden.„Flieger Monz hat sachgemäß und außerordentlich geschickt gehandelt. Das Flugzeug hat keinerlei weiteren Schaden genommen, sodass es ohne weiteres weiter betriebsfähig blieb“, schrieb Mierzinsky in seinem Bericht.[4]

Eine Woche später absolvierte das erste speziell für den Luftverkehr gebaute Junkersflugzeug F 13 mit Emil Monz am Steuer seinen Erstflug (siehe Kalenderblatt Nr. 24).

Die Junkers F 13 nach dem 5. Versuchsflug am 26. Juni 1919. Zweiter von links der Pilot Emil Monz

Die Passagiere konnten nun in einer bequemen viersitzigen Kabine, die dem Innenraum eines Automobils nachempfunden war, Platz nehmen. Ein Einsatz auf der Strecke Dessau – Weimar lohnte sich jedoch nicht, es fehlte an Nachfrage und der unrentable Junkers-Luftverkehr wurde vorläufig eingestellt. Emil Monz wurde die Leitung des Werksflugplatzes in Dessau übertragen. Daneben sollte er für die Flugzeugwerke und die Forschungsanstalt größere Versuchsflüge durchführen.[5]

Seine erste große Bewährungsprobe als Testpilot legte Emil Monz am 13. September 1919 ab: Mit dem neuen Verkehrsflugzeug F 13 erreichte er mit 7 Personen eine Flughöhe von 6800 m, das war Höhenweltrekord (siehe Kalenderblatt Nr. 3).

Emil Monz (rechts oben) nach dem Höhenweltrekord

Dieser Rekordflug beherrschte am nächsten Tag die Schlagzeilen der deutschen Presse und lockte bald die ersten Käufer an. Noch vor Monatsende traf der Amerikaner John M. Larsen, der sich gerade in Deutschland aufhielt, in Dessau ein und ließ sich die F 13 vorführen. Eigentliche war er mit der Absicht nach Europa gekommen, Interessenten für amerikanische Flugzeuge zu finden, erkannte aber sofort die Überlegenheit dieses neuen Ganzmetall-Verkehrsflugzeuges und änderte sein Vorhaben. Er schloss mit Prof. Junkers einen Vertrag, in dem er sich verpflichtete, mindestens einhundert Junkersflugzeuge in den USA zu verkaufen oder die Lizenzen für den Bau einer gleichen Anzahl an eine amerikanische Flugzeugfabrik zu vergeben. Um Käufer zu werben, wollte Larsen mit zwei F 13 einen Propagandafeldzug starten.

Der Dessauer Flugplatzleiter Emil Monz, der Larsen nach Vertragsabschluss am 1. November 1919 mit einer F 13 von Dessau nach Berlin kutschiert hatte und trotz Nebel und Schneegestöber sicher auf dem Flugplatz Berlin-Johannisthal gelandet war, hatte während des Fluges davon Wind bekommen, einen erfahrenen Piloten für den Flugbetrieb in den USA suchte. Er sah sofort eine Möglichkeit, dem täglichen Einerlei in Dessau zu entfliehen und sich nach seinem Rekordflug auch in der Fremde als hervorragender Pilot beweisen zu können. Larsen gab jedoch dem Piloten der Deutschen Luftreederei Hugo G. Schaefer den Vorzug, der nicht nur fließend englisch sprach, sondern auch durch sein Äußeres und sein Auftreten erkennen ließ, dass er englische Wurzeln hatte.

Monz ließ so schnell nicht locker. Auf sein Drängen hin fragte die Firma Junkers bei Larsen an, ob er bereit sei, Monz als zweiten Piloten mit nach Amerika zu nehmen. Monz sei bestens mit dem Flugzeug vertraut und könnte bei der Einführung des Flugzeuges in Amerika sehr von Nutzen sein.

Larsen gab nur zögernd und unter Vorbehalten sein Einverständnis.„Herr Monz [darf] nicht angeben, dass er Pilot ist, nein, er muss sich als Ingenieur ausgeben mit Erfahrungen im Fliegen … Er muß angeben, daß er Spezialist ist, den Sie rüberschicken als Instrukteur für die Fabrikation in Amerika. Es mag helfen, wenn er aussagt, daß er beabsichtigt, amerikanischer Staatsangehöriger zu werden.“[6]

Grund für diese Bedingungen war die zunehmende Fremdenfeindlichkeit der Amerikaner als Folge der Masseneinwanderungen während und nach dem Ersten Weltkrieg. Besonders die Abneigung gegen die Deutschen als Hauptbeteiligte des Krieges war sehr ausgeprägt. Larsen befürchtete, in Amerika kaum Käufer zu finden, wenn sofort sichtbar war, dass die Flugzeuge aus Deutschland stammten. Er bestand deshalb darauf, dass alle auf die deutsche Herkunft hinweisende Beschriftungen an der F 13 durch englischsprachige ersetzt wurden, auch die für Amerika gewählte Typenbezeichnung „JL 6“ konnte je nach Bedarf sowohl als „Junkers-Larsen“ als auch „John Larsen“ gedeutet werden.

Die erste JL 6 kurz nach ihrer Fertigstellung

Sein Plan, auch die Herkunft des Piloten zu verschleiern, ging jedoch nicht auf: Schaefer stürzte bei seinen Probeflügen mit einer F 13 am 3. Februar 1920 in Dessau ab und verunglückte tödlich. Larsen war nun allein auf Monz angewiesen.

Die Ankunft von Emil Monz am 4. März 1920 in New York fand in der amerikanischen Presse gebührende Beachtung: „The Mongolia brought 183 passengers from Hamburg and London, among them fifty Germans. Of the latter, Emil Monz, an aeroplane engineer, was the center of interest“, schrieb eine amerikanische Zeitung, vermerkte aber gleichzeitig mißbilligend, dass Monz auf der Überfahrt damit geprahlt hätte, London aus der Luft bombardiert zu haben.

Amerikanischer Zeitungsartikel nach der Ankunft von Monz

Sein neuer Chef John M. Larsen erwartete ihn bereits am Pier und sorgte dafür, dass das Gepäck von Monz ungeöffnet die Zollschranken passieren konnte. Er bemühte sich, Monz das Leben so angenehm wie möglich zu machen, hatte ihm bereits eine Wohnung besorgt und stellte ihm ein Auto zur Verfügung. Diese Maßnahmen zeigten auch bald den gewünschten Erfolg: Der aus einfachen Verhältnisse stammende Emil Monz war beeindruckt und schrieb an die Direktion der Junkers-Flugzeugwerke: „Wenn Junkers ein Geschäft machen will in diesem Land, dann kann er es nur mit L., neben Larsen ist es nicht möglich und gegen L. Wahnsinn. Darüber muss man sich in Dessau klar werden und dementsprechend handeln. Larsen verdient meiner Ansicht nach unbedingtes Vertrauen, er ist ein Ehrenmann, der Js. um keinen Pfennig bringen wird …“[7]

Inzwischen war auch die erste Junkers JL 6 in New York eingetroffen. Monz ließ das in Einzelteile zerlegte und in großen Kisten verpackte Flugzeug nach dem Roosevelt-Flugplatz in Mineola bringen, wo die auffällig mit „Made in Germany“ gekennzeichneten Kisten unter den Piloten und Mechanikern der nahen Curtiss-Werke großes Aufsehen erregten. Als Monz zusammen mit drei Monteuren das Flugzeug auspackte und zusammensetzte, war er bald von einer großen Menschenmenge umringt, die ihn misstrauisch und auch feindselig beobachtete. So kurz nach dem Ende des Krieges war das Feindbild Deutschland auch unter den als liberal geltenden Amerikanern noch sehr lebendig. So stand der junge deutsche Pilot unter enormen psychischen Druck. Er wollte so schnell wie möglich diesen Blicken entkommen und vor allem den Amerikanern beweisen, welch tolle Flugzeuge in Deutschland gebaut werden. Dabei ließ er es an der nötigen Sorgfalt fehlen und erlebte gleich beim Probeflug seinen ersten Reinfall.

Eine amerikanische Zeitung berichtete über dieses Ereignis sehr anschaulich: „Die Maschine fuhr elegant aus der Fliegerhalle, stieg zu einer Höhe von 1000 Fuß auf und umflog das Feld mit einer Geschwindigkeit von 110 Meilen per Stunde. Die alliierten Mechaniker standen dabei, aber ihr Gesichtsausdruck verriet ihre geheimsten Wünsche. Die Maschine stieg ab, erfolgreich. Aber beim Landen blieb der mit den Verhältnissen des Flugfeldes noch wenig vertraute deutsche Pilot mit dem Monoplan im Schlamm stecken. Nach einigen Schwierigkeiten gelang es ihm, die Maschine frei zu machen, wobei die anderen Mechaniker zusahen und sich weigerten, selbst mit Hand anzulegen. Natürlich hatte die feindselige Haltung der alliierten Mechaniker auf Monz tiefen Eindruck gemacht. Und trotzdem der Motor nicht tadellos zu arbeiten schien, wagte der Pilot einen neuerlichen Aufstieg. Bis 100 Fuß über den Erdboden kam er. Dann versagte die Maschine. Die ersten Gesichter der alliierten Mechaniker klärten sich auf. ‚Er fällt‘, raunten sie einander zu. Und er fiel. Auf dem linken Propeller schlug das Flugzeug auf, nach Ansicht von Augenzeugen unreparierbar. Aber der Pilot kam mit dem bloßen Schrecken davon. ‚Ich hätte lieber sterben, als die Maschine in Stücke gehen lassen sollen‘, erklärte er, als er sich selbst aus den Trümmern ins Freie rettete.“[8]

Die verunglückte F 13 auf Long Island

Der missglückte Vorführungsflug verpasste dem Selbstbewusstsein von Emil Monz erst einmal einen gehörigen Dämpfer. Auch Larsen war nicht gerade begeistert, denn die schlechte Presse war nicht sehr hilfreich bei seinen Bemühungen, Käufer für das deutsche Verkehrsflugzeug zu finden.

Bereits während der Überfahrt nach Amerika waren ihm Zweifel gekommen, ob er den Vertrag mit Junkers über den Verkauf von einhundert F 13 in Form von Flugzeugen oder Lizenzen einhalten könne. Da er aber nach wie vor von den hervorragenden Eigenschaften des Junkers-Flugzeuges überzeugt war, kam er bald auf die Idee, dass es besser sei, die F 13 wenigstens teilweise selbst zu produzieren und damit die deutsche Herkunft zu verschleiern. Der Unfall von Monz war ihm willkommene Gelegenheit, Junkers diese Idee mit etwas Druck nahezubringen. Am 10. April 1921 schrieb er an das Hauptbüro der Junkerswerke: „Nicht nur unser Unfall, sondern die Angriffe von Hunderten von Zeitungen gegen uns machen es ganz unmöglich, Maschinen einzuführen, so dass uns nur die Wahl bleibt, hier eine amerikanische Gesellschaft zu gründen und hier zu fabrizieren (das heißt wenigstens zum Schein Fabrikation). Ich glaube, dass wir einen großen Teil von Einzelteilen einführen und hier in der amerikanischen Werkstatt zusammensetzen können, aber wir müssen unbedingt eine ganz amerikanische Gesellschaft haben, sodass die durch eifersüchtige Konkurrenz angespornte Presse uns nichts anhaben kann.“[9]

Ohne eine Antwort abzuwarten, machte sich Larsen mit seinem Ingenieur Charles B. Kirkham am 14. April 1920 auf den Weg nach Dessau. Kirkham, der zuvor Chefingenieur bei den Curtisswerken war und demzufolge Flugzeugfachmann war, sollte sich an Ort und Stelle mit dem Metallflugzeugbau vertraut machen. Anschließend wollte Larsen nach und nach den gesamten F-13-Bau in die USA verlegen.

Um die Nachfrage anzukurbeln, startete Larsen nach seiner Rückkehr eine groß angelegte Propagandaaktion. Die erste Gelegenheit, die sich bot, war der 3. Panamerikanische Aeronautische Kongresses in Atlantic City im Mai/Juni 1920. Neben Emil Monz sollte auch der Amerikaner Bert Acosta die F 13 vorführen. Die Vorführungsflüge gerieten bald zum Wettstreit beider Piloten. Nachdem Monz am 31. Mai 1920 sein Können demonstriert hatte, indem er mit fünf Passagieren die sensationelle Geschwindigkeit von 210 km/h erreichte und damit einen amerikanischen Schnelligkeitsrekord aufstellte, transportierte Bert Acosta mit nur 55 Liter Benzin acht Personen von Atlantic City nach Philadelphia und stellte damit einen amerikanischen Wirtschaftlichkeitsrekord auf.

Die JL 6 auf dem 3. Pan-Americanischen Congress in Atlantic City. Auf Bild Nr. 3 rechts John M. Larsen

Der Wettstreit beider Piloten um Rekordleistungen setzte sich auch am darauffolgenden Tag fort. Auf dem Rückweg von Atlantic City nach New York am darauffolgenden Tag erreichte Emil Monz mit 500 kg Nutzlast eine Höhe von 6200 m. Das war Weltrekord für Flughöhe im Verhältnis zur Nutzlast und Vortriebsleistung.

Noch im gleichen Monat demonstrierte Bert Acosta wiederum sein Können. Mit Larsen und einem Mechaniker an Bord startete er am 27. Juni 1920 in Omaha zu einem Nonstopflug über 2000 km nach New York. Um genügend Treibstoff aufnehmen zu können, hatte Larsen die vorderen Sitze herausgenommen und Zusatztanks einbauen lassen. Wenn auch Acosta kurz vor dem Ziel wegen Nebels notlanden musste, so war er doch 10 Stunden 59 Minuten in der Luft gewesen und hatte dabei 1950 km zurückgelegt. Das war amerikanischer Rekord im Dauerflug und für ein einmotoriges Flugzeug mit dreiköpfiger Besatzung sogar Weltrekord.

Der Grund, warum Larsen mit Bert Acosta und nicht mit Monz von New York nach Omaha und wieder zurück geflogen war, war einem Vorfall gleich nach den Rekordflügen in Atlantic City geschuldet. Larsen hatte dort vor der Presse wahrheitsgemäß angegeben, woher die Flugzeuge kamen und wer der Konstrukteur war. Schlagzeilen wie „Junkers Flugzeug erregt Sensation“und „Deutsches Flugzeug schlägt alle Rekorde“[10] führten jedoch dazu, dass der amerikanische Nachrichtendienst Nachforschungen über Larsen anstellte. „Wie Sie wissen, herrscht augenblicklich in Bezug auf unseren Handel mit Deutschland eine sehr ungewöhnliche Lage und es ist für jede Regierungsabteilung, bevor sie irgend eine Handlung unternehmen kann, nötig, die vollen Tatsachen zur Verfügung zu haben. Diese umfassen die Fragen, ob Sie ein amerikanischer Staatsbürger sind, wo Sie die Ausrüstung kauften, wo sie hergestellt wurde, wofür sie gebraucht werden soll und wo das Kapital, das hinter dem Unternehmen steht, deutsches oder amerikanisches ist“[11], wurde ihm auf seine Nachfrage bestätigt.

Diese Auskunft musste Larsen einen gehörigen Schreck eingejagt haben, denn ab diesem Zeitpunkt versuchte er in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass er der Erfinder des Flugzeuges sei und die F 13 in Amerika produziert werden würde. Auch Monz bekam Auswirkungen schnell zu spüren: „Er soll auf die ‚deutschen Dummköpfe‘ täglich losschimpfen, daß es eine Art hat, und dabei sind Monz und der deutsche Monteur wiederum die einzigen, die arbeiten“, schrieb ein Junkers-Vertreter nach Dessau.[12] Doch das tägliche Mobbing reichte Larsen offensichtlich noch nicht: „Ich habe es für nötig gehalten, Monz praktisch vom Fliegen zurückzuziehen, indem ich nur amerikanische Flieger verwende“, schrieb Larsen selbst an die Junkerswerke. „Dies schien ein wenig zu helfen, oder mindestens ein wenig beruhigend auf die amerikanische Fliegerbrüderlichkeit zu wirken, und ich beschäftige Monz mit Reparaturarbeiten usw., indem ich ihn nur wenig, und nur innerhalb des Flugplatzes fliegen lasse und niemals nach Washington oder irgend einem wichtigen Platz, hierfür vielmehr nur gute amerikanische Flieger verwende.“[13]

Dem Rekordflieger Monz musste diese Herabstufung nach seinen Erfolgen in Atlantic City als sehr entwürdigend empfunden haben, denn er suchte bald nach einem Ausweg aus dieser Lage. Er versuchte sich selbständig zu machen und knüpfte Verbindungen mit Luftverkehrsgesellschaften in Mittel- und Südamerika an. Als Larsen das mitbekam, lenkte er vorerst ein. Da er plante, an der Westküste in San Francisco einen Stützpunkt zu errichten, wollte er Monz dorthin versetzen.

Am Morgen des 29. Juli 1920 starteten die drei F 13 mit 100 Poststücken zum Versuchsflug für die längste Luftpostlinie der Welt von New York nach San Francisco. Die Flugzeuge wurden geflogen von Emil Monz, Bert Acosta und dem Chef der Flugdienstschule der amerikanischen Armee Colonel Harold E. Hartney. Unter den Passagieren befanden sich der berühmte amerikanische Weltkriegspilot Edward Rickenbacker, der Konstrukteur William B. Stout und der Generalsuperintendent des Luftpostdienstes Major Leonard B. Lent.

Während des Fluges kam es zu einem heftigen Streit zwischen Larsen und Monz, der damit endete, dass Monz nach der Landung in Chicgo nach New York zurückkehrte. Er hätte es „nicht mehr mit ansehen können, wie L. sich als Erfinder brüstete und die Deutschen beschimpfte“, erklärte er gegenüber dem New Yorker Junkersvertreter Dr. Junge [14]. Als Ersatz engagierte Larsen den amerikanischen Flieger Samuel Eats, der F 13 ohne Zwischenfälle bis nach Oakland flog.

Nach seiner Rückkehr machte Monz mit einem Brief an die Junkerswerke in Dessau seinem Ärger gewaltig Luft und glaubte Junkers vor Larsen warnen zu müssen: „Es war für mich bald klar, dass Larsen gar nicht die Absicht hat, ein solides Geschäft zu begründen, sondern dass er versucht, mit allen möglichen und unmöglichen Mitteln möglichst viel Geld aus der Geschichte herauszuschlagen. Die Leute, die er gerade braucht, die werden mit Geld, Alkohol und Versprechen bearbeitet. Gute, solide Leute, die ein Geschäft machen wollen, kommen, sehen Larsen und gehen wieder, weil sie mit ihm nicht arbeiten können. Ich habe dies bald eingesehen und habe versucht, die Geschichte in bessere Hände zu bringen, indem ich deutschgesinnte Leute für die Sache interessiere. … Es kann einem in der Seele weh tun, die schöne Maschine hier zu sehen, die die größten Erfolge erzielt, angestaunt und bewundert wird und ein Mann wie Larsen ist der Erfinder und Konstrukteur, lässt sich als solcher feiern. Larsen ist gegenwärtig mit verschiedenen Leuten in Verbindung, die den Bau des Flugzeuges aufnehmen und wenn es soweit ist, dass sie fabrizieren können, kann Junkers gehen. Er hat dies verschiedentlich ausgesprochen. ‚Zur Hölle mit diese verdammte deutsche Hunde‘, dass ist sein Spezialausdruck.“

Nach seiner Rückkehr aus San Francisco entließ Larsen seinen deutschen Piloten. Junkers gegenüber begründete er sein Verhalten damit, dass Monz für seine Firma nicht mehr tragbar sei: „Monz führte eine Maschine bis aus Chicago heraus, aber er machte sich in politischer Hinsicht unmöglich, so dass ich ihn durch einen amerikanischen Flieger ersetzen musste und Monz nach meinem Flugfeld New York zurückschickte. … Er und seine Gruppe von billigen Gründern… beanspruchte den Beistand der Junkers-Company zu haben bei dem Versuch, meinen Vertrag mit Ihnen zu brechen ebenso wohl wie um einen südamerikanischen zu erhalten. Monz hat sich als undankbar und als Ränkeschmied erwiesen anstatt des guten Fliegers, den ich erwartet hatte, ferner verlor er 2 Flugzeuge für mich. Ich habe ihn jetzt entlassen“

Im September traf ein völlig geschlagener und durch tägliches Mobbing verunsicherter Monz in Dessau ein. Das Flugzeugwerk setzte ihn vorläufig als Pilot in der neugegründeten Luftverkehrsgesellschaft „Lloyd Ostflug“ ein, an der Junkers beteiligt war. Die „Lloyd Ostflug“ war auf Betreiben von Gotthard Sachsenberg gegründet worden, einem ehemaligen Jagdgeschwader-Kommandeur, der seinen beschäftigungslosen Piloten, für die er sich verantwortlich fühlte, wieder Arbeit verschaffen wollte. In dieser „Sachsenberg-Crew“, wie sie genannt wurde, konnte Monz nicht heimisch werden. Vergeblich bemühte er sich bei den Junkers-Flugzeugwerken um eine andere Arbeit. „Monz will immer im Geschäft mitarbeiten; das hindert ihn am ruhigen Fliegen. Er ist etwas durcheinander“, notierte sich Prof. Junkers am 8. Januar 1921.[15]

Ob der tödliche Unfall von Monz am 18. Februar 1921 nun auf Unfähigkeit oder technischem Defekt zurückzuführen oder gar Selbstmord war, lässt sich im Nachhinhein nicht mehr klären. Prof. Junkers notierte sich als Lehre aus dem Unfall nur das Wort „Instrumentierung“[16].

Nachruf Emil Monz

Die Witwe erhielt auf Anweisung von Prof. Junkers eine einmalige Zahlung von 6000 Mark und eine monatliche Zahlung von 500 Mark auf die Dauer von zwei Jahren.

Brief von Hugo Junkers an Meline Monz

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Angelika Hofmann

Quellen:

  1. Bericht von Seubüchler u. Thiedemann vom 22.02.1921
  2. Schreiben Lloyd Ostflug GmbH (G. Sachsenberg) an Junkers-Flugzeugwerk A.G. vom 19.02.1921
  3. Schreiben Seitz an Prof. Junkers vom 07.01.1921
  4. Mierzinsky: Bericht über Notlandung mit D-77 am 18.6.19 vom 21.6.1919
  5. Beratungsprotokoll Kaiserplatz vom 1.7.19 (Auszug)
  6. Brief Larsen aus London vom 14. Dezember 1919 an Seitz
  7. Schreiben Monz an Reuter vom 09.03.1920
  8. New Yorker Herold and New Yorker Staats-Zeitung v. 27. März 1920
  9. Brief Larsen an Carl Seitz (Hauptbüro der Junkerswerke) vom 10.04.1920
  10. Conneticut Staats-Zeitung Jg. 1920, Nr. 23 vom 3. Juni
  11. Schreiben Lt. Col. Hickham, Chief, Information Group, War Departement, Office of the Direktor of AirService, Washington an Larsen vom 22.6.20, Anlage zum Brief Larsen vom 26.9.
  12. Schreiben Dr. Junge vom 19.08.1920
  13. Schreiben Larsen an die Jfa vom 24.07.1920 (PV 1611)
  14. Schreiben Dr. Junge an Prof. Junkers vom 28.08.1920
  15. NB Nr. 74 S. 4230 – Abschrift S. 22
  16. NB Nr. 75 S. 4352 – Abschrift S. 20 – 23
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