31. Januar 1925 Junkers

In der Zeitschrift „Luftfahrt“ 1925 Nr. 3 berichtete der Journalist Theo Schreiner über diesen Flugwettbewerb:

„Der Zugspitzgipfel mit seinen 2968 Metern ist schon oft umkreist worden, und 1922 ist Major Haller, der nunmehr wieder ganz nach München übergesiedelt ist, sogar auf der Zugspitzplatte gelandet. Damals handelte es sich um starke Motoren, bei dieser Veranstaltung aber hat der Kleinmotor gesiegt. Wenn man bedenkt, daß bei dem ausnehmend böigen Wetter die kleinste Maschine, ein Bahnbedarf-Flugzeug Typ B.A.G. E.I. gesiegt hat, dann bekommt man erst den richtigen Begriff von dem Fortschritt auf dem Gebiete des Kleinflugzeugbaues. …

Die allgemeine Wetterlage war in den letzten Januartagen nicht gerade rosig. Im bayerischen Hochland langen starke Nebel, die je nach Höhendifferenz Regen oder Schnee mit sich brachten. Noch am 30. Januar war die Witterung geradezu trostlos, aber die Flieger erklärten bei einer Besprechung: Und es wird doch geflogen. In diesem Falle wäre nur ein einfacher Flug nach Garmisch, ohne Umkreisung der Zugspitze, angesetzt worden. Da siehe, am Spätnachmittag setzte plötzlich ein starker Föhn ein, der nicht nur den ganzen Schnee wegputzte, sondern auch den herrlichsten Sonnenschein mit sich brachte. Der Föhn hat aber auch mit im Gefolge, daß die Fahrzeuge gegen ihn ankämpfen mußten und reichlichst mit der Überwindung von stärksten Vertikalböen bedacht wurden, durch welche die Apparate oft ein- bis zweihundert Meter herabgedrückt worden. Dies war in erster Linie über dem Starnberger See und im Zugspitzgebiet der Fall. Für die Passagiere war es vielfach ein Novum, und so kam es auch, daß diese ausgiebig „seekrank“ wurden.

Der Start am 31. Januar in Schleißheim ging im allgemeinen glatt vor sich. Zuerst flog Udet einige Proberunden, aus denen man deutlich sehen konnte, wie das Flugzeug in den Böen sprang. Dann machten sich drei Junkers-Verkehrsflugzeuge mit Passagieren und Kinooperateuren startbereit und zogen davon. Der kleine B.A.G., Führer Botsch, eröffnete 12.34 den Start, der bis 12.50 abgewickelt war und dem auch Kriegsminister Geßler sowie der bayerische Reichswehrkommandant General Kreß vom Kressenstein beiwohnten. Den Beschluß bildete wieder eine Junkers-Limousine mit Schlachtenbummlern. Ein Flugzeug wurde am Start von einer Bö erfaßt, machte Kopfstand. Insgesamt waren zwölf Flugzeuge in Konkurrenz gestartet, von denen elf glatt in Garmisch gelandet sind.

Landung der F 13 in Garmisch

Infolge der Böen gingen die Flugzeuge ziemlich über die Zugspitze hinaus, davon der B.A.G. von Botsch bis 3400 m hinauf. Nur Croneiß auf D.P.IIa nahm seine Aufgabe, den Turm des Observatoriums zu umkreisen, zu wörtlich und wurde von einer Bö auf den Schneeferner gesetzt, glücklicherweise ohne Schaden zu leiden. Besonders eilig von der Zugspitze herab hatte es Raab, der mit seinem Dietrich-Gobiet, vielleicht aus Freude, einen Looping ausführte und dann in Loopings, Korkziehern und im Trudelflug bis auf 300 m über Garmisch herabging. Antonio Raab, der seinerzeit Unter den Linden in Berlin landete.

Die erzielten Flugzeiten sind folgende:

  1. Junkers-Flugzeugtyp F., Führer Doldi, 1:17,12
  2. Dietrich-Gobiet D.P. IIa, Führer Katzenstein, 1:19,58
  3. Udet U 10, Führer Udet, 1:21,29
  4. Dietrich-Gobiet D.P. IIa, Führer Raab, 1:24,49
  5. Udet U 10, Führer Hochmuth, 1:30,49
  6. Udet U 10, Führer Bäumer, 1:30,50
  7. Mark R III, Führer v. d. Marwitz, 1:33,36
  8. Udet U 10, Führer Billig, 1:33,52
  9. Udet U 10, Führer Kern, 1:33,09
  10. L.V.G. Führer Fricke, 1:40,09
  11. B.A.G. Führer Botsch, 2:21.

Das Gesamtergebnis des eigentlichen Zugspitzfluges berechnet sich … wie folgt:

  1. Bahnbedarf-Flugzeug A.G. mit 14,5 Blackburne-Tomtit-Motor, Führer Botsch
  2. Udet-Flugzeug mit 55 PS Siemens & Halske-Motor, Führer Udet
  3. Junkers-Flugzeugtyp F, Führer Doldi
  4. Udet-Flugzeug mit 55 PS S. & H.-Motor, Führer Kern
  5. Udet-Flugzeug mit 55 PS S. & H.-Motor, Führer Bäumer
  6. Udet-Flugzeug mit 55 PS S. & H.-Motor, Führer Billig
  7. Dietrich-Gobiet-Flugzeug mit 75 PS S. & H.-Motor, Führer Raab
  8. Udet-Flugzeug mit 55 PS S. & H.-Motor, Führer Hochmuth
  9. Dietrich-Gobiet-Flugzeug mit 75 PS S. & H.-Motor, Führer Katzenstein
  10. Mark-Flugzeug mit 37 PS Mark-Motor, Führer v. d. Marwitz
  11. L.V.G.-Flugzeug mit 100 PS-Mercedes-Motor, Führer Fricke.

Während und nach der Konkurrenz wurden von der Höhe des Kochelberges herab Segelflüge ausgeführt. Der Asiagoflieger Fuchs auf „Dessauer“ absolvierte nach einem Probeflug zwei Flüge über 3,48 und 4,28 Minuten. Rolf Hirth auf „Rotem Teufel“ einen solchen von 2,30 Minuten und auf Papenmeyer auf „Greif“ einen von 58 Sekunden, beschädigte aber bei der Landung sein Flugzeug einschl. einem Gartenzaun. Außerdem machte noch Duschner einen Fallschirmabsturz aus 600 m Höhe bei glatter Landung. Der Abend vereinigte die Konkurrenten bei einem Ball.

Der 1. Februar ließ sich schlecht an. Schon in den frühen Vormittagsstunden setzte Regenschauer ein. Nichtsdestoweniger stieg Udet zweimal zu Schauflügen und Ballonabschießen auf, gefolgt von Marwitz auf „Mark“, der sich in Korkziehern und im Trudeln übte. Außerdem starteten von den Segelfliegern Fuchs und Hirth. Gegen Mittag verwandelte sich der Regen in derartiges Schneetreiben, daß die Oberleitung die Veranstaltung abbrechen mußte.“

Eine F 13 am Kochelsee

Im Junkers-Luftverkehr Nachrichtenblatt vom 23. Februar 1925 schilderte M. Jurinek, welcher als Passagier in der Junkers F 13 von Doldi mitflog, seine Eindrücke:

„Ein Samstagmorgen zog herauf, der neue Hoffnung keimen ließ. Die Wettermeldungen von der Zugspitze lauteten: Langsames Aufklaren. In Schleißheim rüstete man morgens 10 Uhr zum Start. 12 Flugzeuge vom winzigen Bahnbedarfstyp mit einem 14,5 PS-Motor bis zu den Junkers-Ganzmetall-Limousinen konnte man in allen Größen bewundern. Die letzte Frisur zum Zugspitzenflug nahm, beträchtliche Zeit in Anspruch, denn alle Flugzeuge samt toter und lebendiger Belastung mußten abgewogen werden. Kurz nach 12 Uhr entließ der Starter Czermak jr. die erste Maschine.

Wir hatten im mitkonkurrierenden Junkers-Flugzeug neben Frhrn. v. Könitz und Rechtsrat Dr. Konrad Platz erhalten. Der Motor springt an, nach kaum 50 m Dahinrollen hebt sich der silberne Vogel, wir fliegen davon. Bald haben wir die kleinen Maschinen, die tief unten wie winzige Libellen dahinschweben, hinter uns. Doldi verfolgt die Taktik, langsam immer höher und höher zu streben. Über Nymphenburg haben wir erst 200 m Höhe, bis zum Starnberger See sind wir bereits auf 1000 m Höhe emporgeklettert. Schnurgerade, wie mit dem Lineal gezogen, fliegt Doldi der Zugspitze zu. Hinter dem Starnberger See leuchten bereits die weißen Spitzen der Berge. Wie ein bergumsäumter Spiegel mutet der Walchensee an. Zur Rechten gleißt das Rot des Klosters Ettal in den sonnigen Tag. Das Ettaler Mandl reckt seinen Kopf fürwitzig vor, als wollte es uns zurufen: Was wollt denn ihr Menschlein mit eurem Propellersurren in unserer Bergeinsamkeit? Grandios ist der Eindruck der Bergmassen aus 2500 m Höhe. Man blickt in Schluchten und Täler, in Rinnen und schroffes Gestein.

Wir haben alle Konkurrenten überholt und ziehen einsam zum höchsten Gipfel Deutschlands unsere Bahn. Der Zeiger am Höhenmesser klettert auf 2800, auf 3000 m. Wir sind mitten im Zugspitzenmassiv. Zur Linken das Höllental. Sonne glitzert auf allen Höhen ringsum. 5 Minuten vor 2 Uhr surren wir um den Zugspitzengipfel in einer Höhe von 3200 m.

Der Gipfel ist umkreist. Doldi nimmt Gas weg und in stolzem Gleitfluge sausen wir dem Flugplatz Garmisch zu, wo unser Junkers-Ganzmetall-Vogel als erstes Flugzeug der Zugspitzenflugkonkurrenten sanft landet. Die Menschen jubeln uns zu. Das war auch ein Meisterflug für den Piloten Doldi wie für die Maschine. „Landung 2 Uhr 1,12 Minuten“ wird in unser Bordbuch eingetragen. Es folgen in Abständen von nur wenigen Minuten die übrigen Konkurrenten, als letzter Botsch auf seiner Riesen-Zigarrenkiste mit dem Colibri-Motor von 14,5 PS. Type Black“ burne-Tomtit. Nur Croneiß auf einem Dietrich-Gobiet landete nicht am Ziel. Man wartete und wartete, da kam endlich um die vierte Nachmittagsstunde Aufklärung vom Meteorologen der Zugspitze, die lautete: Ein Flugzeug geriet nach Umkreisen des Gipfels in eine Fallbö und mußte auf dem Schneeferner notlanden. Pilot und Passagiere unverletzt.

Von 12 Maschinen haben also 11 die Aufgabe erfüllt und das Ziel erreicht. Das ist eine Leistung, die sportlich und technisch alle Erwartungen übertroffen hat. Der Zugspitzenflug ist geschafft! Wir dürfen stolz auf unsere Maschinen und Piloten sein. Die schwere Junkers-Ganzmetall-Limousine der Trans-Europa-Union, die die größte Belastung mit 6 Personen einschließlich Piloten hatte, ist die beste Zeit und wohl auch die höchste Höhe geflogen.

Beim Zugspitzenflug erfolgte die Wertung nach dem leichtesten Bau der Maschine, der günstigsten Propellerwirkung, der geringsten Widerstandskraft und dem Minimalverbrauch an Brennstoff. Auf Grund dieser Wertung ergab sich folgende Rubrizierung der elf Zugspitzenflieger: 1. Botsch, 2. Udet, 3. Doldi.

Eine große Überraschung bereitete die Hauptleitung München der Trans-Europa-Union den vielen hunderten Zuschauern. Sie hatte nämlich außer der in der Zugspitzenflugkonkurrenz gestarteten Junkers-Ganzmetall-Maschine noch vier ihrer Verkehrsflugzeuge nach Garmisch dirigiert, so daß die Möglichkeit zu Tal- und Gebirgsflügen gegeben war, die auch reichlich ausgenutzt wurde. Immer und immer wieder stiegen die Junkers-Ganzmetall-Limousinen auf und surrten den Steinriesen zu. Es war ein majestätischer Anblick, als bei sinkendem Sonnengold die vier Junkers-Silbervögel sich vom dunklen Berggestein wie Riesenadler abhoben und ihre Kreise im scheidenden Himmelsblau zogen.“

Transport der F 13 D 230 mit Hilfe eines Pferdefuhrwerkes

Angelika Hofmann

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Junkers Flugzeuge: F 13
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