Junkers ging seinen Schaffensweg immer in möglichst tiefer Vertrautheit zu all seinen Mitarbeitern, unabhängig von Ihrer Position. Nur so konnte er die zum Teil stark visionären Ziele in die Tat umsetzen und graue Theorie in kraftvolle Praxis umwandeln. Einer seiner wichtigsten Vertrauten war der Leiter seiner Forschungsanstalt, Professor Otto Mader.

„Hugo Junkers ist von uns gegangen. Die technische Welt weiß, was das bedeutet. Sie wird uns allen sagen, welchen Anteil er am Aufbau der deutschen Luftfahrt hat.“ So beginnt Otto Mader am 9. Februar 1935 auf dem Münchner Waldfriedhof seine Trauerrede. Und setzt fort: „Sein Mut und seine Zähigkeit, auch in dunklen Zeiten, führten uns. Ich erinnere nur zum Beispiel an die Zeit nach dem Zusammenbruch 1918 …, als in Deutschland von Luftfahrt keine Rede mehr war, da setzte er seine ganze Existenz für die Fortentwicklung ein und schuf das erste heute noch grundlegende Verkehrsflugzeug der Welt, die J 13.“

Ansprache von Prof. Mader bei der Beerdigung von Prof. Hugo Junkers am 9. Februar 1935 auf dem Münchner Waldfriedhof.

Es ist ein Andenken an Jahrzehnte voller Entbehrungen, Kämpfe, Willkür und Erniedrigung, aber in gleichem Maße auch an Entdeckertum, nutzvollem Schaffen, Neugier, Freude an Forschung, Fortschritt und Arbeit, sowie enger Verbundenheit zu Hugo Junkers, einer der wichtigsten Persönlichkeiten für die damalige und heutige Luftfahrt.

Otto Mader wurde am 17. September 1880 in Nürnberg geboren. Der Sohn des Majors im Generalstab Franz Mader und dessen Frau Luise absolvierte Schule und Studium in München. Anschließend fand er kurz nach der Jahrhundertwende Anstellungen bei der Münchner Maschinenbau-Gesellschaft (1904) und kurz darauf bei MAN in Augsburg (1905).

Prof. Dr. Otto Mader

Um seinen Wissensdurst noch besser mit seiner Ingenieursleidenschaft verbinden zu können, promovierte er von 1906 bis 1909 bei Professor Wilhelm Lynen, Vater des Nobelpreisträgers Feodor Lynen, an der TH München. Nach der Promotion suchte er den erneuten Kontakt in die Wirtschaft und fand noch im Promotionsjahr eine Anstellung als Privatassistent in der „Versuchsanstalt Prof. Junkers“ in Aachen. Dass Junkers seine Arbeit zu schätzen gewusst haben muss, sieht man in der Tatsache, dass er Mader schon 1910 als Vertretung für seine Lehrpflichten im Fach Wärmetechnik sowie Übungen im Maschinenlaboratorium an der TH Aachen durchsetzte.

Seinen wissenschaftlichen Werdegang vervollständigte Otto Mader dann 1912 mit der Habilitation für Meßkunde im gleichen Hause. Junkers seinerseits förderte seinen rund 20 Jahre jüngeren Kollegen und bot ihm 1915 die Übernahme der Leitung seiner neu gegründeten Dessauer Forschungsanstalt an. Mader verantwortete von hier aus z.B. Untersuchungen zu aerodynamischen Problemstellungen im Dessauer firmeneigenen Windkanal – damals noch als Kanalstromapparat bezeichnet – sowie Versuche zur Bearbeitung und Verwendung von Duraluminium. Dabei wurde nach seinen Aussagen die „später grundlegende Bauart … gefunden“, Wellblech statt Glattblech zu verwenden. Mader arbeitete aber neben seiner Grundsatzforschung auch intensiv an den Entwicklung und dem Aufbau der J 1 mit.

Hugo Junkers mit Mitarbeitern vor einer G 38. Rechts außen Prof. Mader, daneben Ernst Zindel, leitender Konstrukteur der G38.

Hauptaufgabe Otto Maders war und blieb jedoch die Motorenentwicklung. Seit 1922 Aufsichtsratsmitglied der Jfa, übernahm er 1923 auch die technische Leitung der Junkers Motorenbau GmbH. Ein weiteres Jahr später wurde er zusätzlich in den Aufsichtsrat der JLAG berufen. Junkers selbst betrachtete Mader als „sozusagen bestes Pferd im Stall“, wie er später einmal zitiert wurde. Diese Wertschätzung wird insbesondere dadurch deutlich hervorgehoben, dass Junkers ihm umgeachtet eigener Interessen schon 1919 mit erheblichen finanziellen Zuschüssen den erneuten Weg in die Hochschullaufbahn zu ebnen versuchte – obwohl er diesen Schritt eigentlich ablehnte! Junkers glaubte nämlich nicht, dass Mader „dort ein dankbares und [ihn] befriedigendes Feld [seiner] Tätigkeit finden würde.“ Und er wird Recht behalten. Bis 1927 blieb Mader zwar bei Junkers und hat großen Anteil an den Arbeiten im Flugzeug- und Motorenbau. Mit Wirkung vom 1. April jedoch folgte er der Berufung zum Professor für technische Mechanik an die TH München.

Schon am 1. August 1928 kehrte er der Hochschule wieder den Rücken und nach Dessau zurück, da ihn Cliquenwirtschaft und fehlende Freiheit in seiner Arbeit behinderten. Noch im gleichen Jahr wurde er Vorstandsmitglied der Junkers-Werke und erhielt die Ehrendoktorwürde der TH Dresden. Weitere Auszeichnungen und Ehrungen folgen: die Gedenkmünze der Lilienthal-Gesellschaft (1937), die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft (1940), Ehrenmitgliedschaft der Lilienthal-Gesellschaft zum 60. Geburtstag, und einige mehr.

Anerkennungsschreiben Prof. Junkers für Otto Mader vom 7. Dezember 1915 anlässlich der Überführung der J 1 nach Döberitz: „In dankbarer Anerkennung der großen Verdienste, die Sie sich durch Ihr umsichtiges tatkräftiges, unermüdliches und erfolgreiches Schaffen um die schnelle und gute Herstellung des ersten Flugzeuges erworben haben, erlaube ich mir, Ihnen aus Anlaß der Überführung desselben zum Flugplatz eintausend Mark zu überreichen.“

Das Schaffen und Können, das Wissen und die stete freiheitliche Arbeitsbereitschaft für das Unternehmen brachten Otto Mader nicht nur hochrangige Positionen ein. Er durfte sich glücklich schätzen, zu den Menschen zu gehören, welche ganz in ihrer Berufung aufgegangen sind. Nicht zuletzt ist es seinem Förderer, Gönner und Vertrauten Hugo Junkers zu verdanken, dass er diesen Weg gehen konnte. Doch so viel Mader sicher dieser Verbindung zum Freigeist Junkers zu verdanken hatte, so viel mehr muss man Maders Leistungen würdigen, ohne welche der Junkers-Konzern viele seiner Ziele nicht erreicht haben würde.

Prof. Dr. Otto Mader

Professor Otto Mader stirbt eine Woche vor seinem 64. Geburtstag am 9. September 1944 im Sanatorium Landeck an Leukämie, begleitet von einer nicht minder schweren Lungenentzündung. Er wird nahe dem Grabe Professor Junkers auf dem Münchener Waldfriedhof beigesetzt.

Jan Christiansen

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Quellen:

  1. Schmitt, Günter: Hugo Junkers, ein Leben für die Technik
  2. Wagner, Wolfgang: Hugo Junkers – Pionier der Luftfahrt – seine Flugzeuge