Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges im November 1918 war über die während des Krieges aufgeblühte Flugzeugindustrie die Katastrophe hereingebrochen. Die Heeresaufträge fielen von heute auf morgen weg, ein Luftverkehr existiert noch nicht.
Auch Prof. Junkers, der die Entwicklung seiner Jagd- und Schlachtflugzeuge gerade erst abgeschlossen hatte und zur Serienproduktion übergehen wollte, traf das Kriegsende unvorbereitet. Er hatte geplant, von den zu erwartenden Einnahmen seinen Teilhaber Fokker auszuverkaufen und endlich den Gewinn aus seiner jahrelangen Forschungsarbeit selbst zu ziehen. Dies war nun nicht mehr ohne weiteres möglich, denn das Heer hielt sich nun begreiflicherweise mit Aufträgen zurück. Die Junkerswerke gerieten bald in eine prekäre finanzielle Situation.
Prof. Junkers, der im Interesse seiner Angestellten auch die kleinste Chance auf Weiterbeschäftigung nutzen wollte, wies daraufhin die Junkers-Fokker-Werke an, das zweisitzige Infanterieflugzeug J 10 als Postflugzeug zu bauen:
„Da es nicht angängig ist, die im jetzigen Flugzeugbau beschäftigten Arbeiter knall und fall zu entlassen und da die Einführung neuer Artikel auch bei angestrengtesten Bemühungen eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird, so bleibt keine andere Wahl, als zunächst noch im Flugzeugbau weiterzuarbeiten, und es tritt die Frage auf, was unter den oben geschilderten Verhältnissen gebaut werden soll.“ …
Am 26. November 1918 fand dazu in der Forschungsanstalt eine Besprechung über den Umbau der vorhandenen Militärflugzeuge zu Postflugzeugen statt. Der in Serie gebaute Doppeldecker J 4 erwies sich jedoch für diese Zwecke als zu schwer, geeignet schien nur das zweisitzige Infanterieflugzeug J 10.
Wenige Tage später wurde in Berlin ein Reichsluftamt gegründet, dessen Aufgabe es war, die verworrenen Verhältnisse in der Luftfahrt zu ordnen und die Rechtsgrundlagen für einen Luftverkehr zu schaffen.
Damit begann in der Firma Junkers ein Umdenken. Wenn der Staat oder eine staatlich subventionierte Luftverkehrsgesellschaft Bedarf an Verkehrsflugzeugen anmelden würde, wollte Junkers mit einem guten Angebot an vorderster Stelle stehen. Die Idee, Militärflugzeuge zu Postflugzeugen umzubauen, wurde zur Nebensache. In einer Besprechung vom 30. Dezember 1918 wurde beschlossen, noch einmal völlig von vorn anzufangen und ein Flugzeug zu konstruieren, dass den Bedürfnissen des Personenverkehrs weitgehend angepasst ist:
„Für Verkehrszwecke wird ein großer Rumpf verlangt. Gute Festigkeitskonstruktion des Rumpfes, Fenster müssen herausschlagbar und durchschlagbar sein oder auf andere Weise die Möglichkeit lassen, den Rumpf zu verlassen; mit Möglichkeit rechnen, dass ein Knicken an den Fensterausschnitten in erster Linie stattfindet. Folgen eines Fahrgestellbruches mit in Betracht ziehen.
Es wird beschlossen, ein vollkommenes Flugzeug, das den Bedingungen für den Verkehr möglichst weitgehend angepaßt ist, zu bauen und zwar einesteils, um unsere Leute zu beschäftigen, andernteils zu unserer eigenen Weiterbildung und Orientierung und drittens, um etwas vorführen zu können, wenn sich Interessenten für Verkehrsflugzeuge einstellen. Das Flugzeug soll großen Rumpf und vergrößerte Tragflächen erhalten. Wir müssen natürlich mit dem Risiko rechnen, dass wir mit einem Schlage nicht das Richtige treffen. Unter Berücksichtigung des Zweckes des Flugzeuges wird es für das Richtige gehalten, die Objekte unterhalb der Flügel anzubringen, dann tragen sie besser.¹“
¹ Bericht über die Besprechung betr. Fabrikationsangelegenheiten vom 30.12.1918
Bereits einen Tag nach der entscheidenden und richtungsweisenden Besprechung vom 30. Dezember 1918 legte die Forschungsanstalt eine Konstruktionszeichnung zu einem Verkehrsflugzeug vor (F.B. 2266), dass richtungsweisend für den zukünftigen Passagierflugzeugbau werden sollte.