18. Juni 1923 Junkers

Wie bereits in den Kalenderblättern Nr. 13, Nr. 19 und Nr. 23 berichtet, hatte der Junkers-Luftverkehr in Rußland im Frühjahr 1923 eine Versuchsstrecke von Moskau nach Teheran eingerichtet. Wegen mangelnder Nachfrage und zu hoher Kosten wurde die Strecke bereits im Herbst 1923 wieder eingestellt.

Über einen der letzten Flüge berichteten die beiden Junkers-Luftverkehr Nachrichtenblätter Nr. 13/1923 und Nr. 15/1923:

Im Flugzeug nach Aserbeidshan.
Von Bruno Wentscher.

Baku, Anfang September.
Gerade noch vor Toresschluß konnte ich der Einladung der Moskauer Direktion des Junkers-Luftverkehrs folgen, die in diesem Jahre probeweise eingerichtete Luftpostlinie nach dem Süden und Südosten Rußlands aus eigener Anschauung kennenzulernen.

Mit der „Wachtel“, in deren bequemer Kabine ich am Mittwoch die weite Reise antrat, ging zugleich die Anweisung zum Abbau und Aufrollen der Strecke an die verschiedenen Stationen ab. Mit dem letzten fahrplanmäßigen Postflugzeug soll ich morgen den Rückflug antreten.

Die Gründe für das verhältnismäßig frühzeitige Einstellen des Flugbetriebes liegen, wie mir Direktor Patze erklärte, weniger in der vorgeschrittenen Jahreszeit als in dem Bedürfnis, nach Abschluß der Vorarbeiten für die 1924 zu eröffnende Flugpostlinie Stockholm – Helsingfors – Petersburg – Moskau – Charkow – Rostow – Tiflis – Teheran die gewonnenen Erfahrungen in Verbindung mit der Heimat auszuwerten und in der Notwendigkeit, die Unkosten zunächst auf ein Mindestmaß zu beschränken, bis die vertraglich zugesicherten anderweitigen Einnahmequellen sich als genügend gesichert erwiesen haben.

F 13 des Junkers Luftverkehr Rußland in Teheran

Die „Wachtel“ mit der russischen Zulassungsbezeichnung RRECJ hatte tags zuvor einen anderen Motor eingebaut bekommen, dessen Einregulierung noch den ganzen Vormittag in Anspruch genommen hatte. Erst 12.30 Uhr mittags erfolgte der Abflug, Flugzeugführer Morzik und Bordmonteur Flader auf den mit Doppelsteuerung versehenen Vordersitzen, ein Kommissar der kaukasischen Luftflotte und ich im Fond der Kabine, vor uns ein großer Stapel von Postsäcken und Gepäck.

Nach einer Proberunde verließen wir einige Minuten später Moskaus Flugfeld, die Chodynka, einen Teil der Hauptstadt überquerend. Die Mittagssonne blitzte in den Fenstern der Kreml-Paläste. Wie leuchtende Flämmchen standen die kleinen Goldzwiebeln der Kirchen und Klöster über dem Häusergewirr. Als ein besonderer Stadtteil zeichnete sich am Ufer der Moskwa das Ausstellungsgelände mit seinen gelblichen Holzbauten und den hellblauen Kuppeln des Turkestan-Pavillons ab. Am Ufer lag silbern schimmernd das Wasserflugzeug der Dobroljot (Freiwilligen Luftflotte).

Gerade über die Sperlingsberge hinweg nahmen wir Kurs auf Podolsk. Rechts, soweit das Auge reichte, nach Smolensk zu, endlose Waldflächen; links von den mächtigen Windungen des Flusses durchzogen das freundlichere, stark besiedelte Moskwa-Tal. Über eine große Ziegelei führte unser Weg, die, wie so manches andere industrielle Unternehmen, der Zeit zum Opfer gefallen ist. Die strahlenförmig angelegten Ziegeltrockengestelle, deren Spuren im Lehmboden noch deutlich zu sehen sind, hatten sicherlich als bequemes Heizmaterial für den Winter gedient. Auch in Podolsk selbst, das wir um 1 Uhr erreichten, bot eines von den drei Industriewerken ein Bild der Zerstörung.

Weiter ging es an der zweigleisigen Bahn entlang über ein leicht welliges, vielfach bewaldetes Gelände. Ein Musterexemplar von russischer Heerstraße gab uns das Geleite. Den breiten Fahrdamm mit 2 Sommerwegen begrenzten beiderseits Gräben, aber rechts und links nochmals drei bis vier Geleisepaare über grasbewachsenen Boden. Quer darüber lagerte und weidete gemächlich eine Dorfherde.

Eine gute halbe Stunde später überflogen wir Serpuchow, das sich mit zwei weißummauerten Klöstern und vielen Kirchen ganz stattlich ausnahm. Auf den Oka-Wiesen sah man die Zelte einer russischen Fliegerstation. Am Flusse selbst herrschte reger Badebetrieb. Jenseits begann das Gouvernement Tula. Die für seine fruchtbaren, fleißig bebauten Landstriche typischen enggeschlossenen Bauerngehöfte mit den breiten Strohdächern sahen aus unserer Durchschnittshöhe von 800 m wie Riesenpilze aus, in deren Mitte meist nur ein winziges Quadrat den Hofraum kenntlich machte.

Kurz nach 2 Uhr kam Tula, die Stadt der Samoware, selbst in Sicht, weitgestreckt mit seinen sehr regelmäßig angelegten, durch das Upa-Flüßchen getrennten Stadtteilen. Die nächsten Stunden hatte man reichlich Muße, über die gewaltigen Ausmaße Rußlands nachzudenken. Nur ganz allmählich machte sich das Seltenerwerden der Wälder geltend. Die Schwärze der frischgepflügten Ackerbreiten wetteiferte mit den dunklen Schatten, die die träge dahinziehenden Haufenwolken auf die weiten, abgeernteten Stoppelfelder warfen. Bis zur Kreisstadt Mzensk folgten wir im großen und ganzen der Bahnlinie. Orel blieb dann weit rechts liegen.

Um 4.40 Uhr erreichten Kursk, bei dem ein Artillerie- oder Minenwerferschießen abgehalten wurde, wie hochaufwirbelnde, von Geschoßeinschlägen herrührende Rauchwolken verrieten. Malerisch an zwei kleinen Flüßchen, die zum Stromgebiet der Dnjepr gehören, gelegen, machte die Stadt mit ihren zahlreichen Gärten einen so freundlichen, einladenden Eindruck, daß ich zum erstenmal beim Anblick einer russischen Provinzstadt Lust verspürte, ihre nähere Bekanntschaft zu machen. Aber die „Wachtel“ meinte, das seien Flausen und der Flugplan lasse eine Landung vor Charkow nicht zu.

So ging es rastlos weiter, dem Süden zu. Die Dörfer, an den Straßen aufgereiht, nahmen immer größere Ausdehnung an. Auf den Höfen zeugten kreisrunde Strohstapel vom Beginn der Dreschtätigkeit. Hinter den Gärten standen die Windmühlen so zahlreich, daß fast auf jedes zweite und dritte Gehöft eine kam. Mehr als zwanzig Stück zählte ich an einem der Dörfer. einige, die statt der üblichen vier Flügel gleich acht trugen, sahen wie die Windräder aus, die man den Kindern auf Jahrmärkten kauft. Der Charakter der Gegend bekam dann seine besondere Note durch die weithin leuchtenden Steilhänge, an denen der Kalkfelsen zutage tritt. Bjelgorod, an dem wir 5.55 Uhr vorüberflogen, heißt ja auch die „weiße Stadt“.

Schließlich finden auch russische Luftreisen ein Ende. 6.30 Uhr, nach vollen 6 Stunden, war das Tagesziel, die Hauptstadt der Ukraine, erreicht, die ersten 690 km zurückgelegt. Charkows Fliegerstation muß sich den an sich geräumigen Platz mit einer Funkenstation und dem Rennplatz teilen. Auf dem letzteren war Hochbetrieb und wir brummten erst einmal darüber hinweg, ehe Morzik uns sanft auf dem freigebliebenen Eckchen vor den russischen Militärschuppen niedersetzte.

Während Bauerhin, der Flugleiter, die Post ordnete und die „Wachtel“ für den Weiterflug am nächsten Morgen mit Betriebsstoff versehen wurde, hatte ich Gelegenheit, mit ein auf verschiedene Trabrennen folgendes Galopprennen, das mit Militärpferden geritten wurde, anzusehen. Von der dichtbesetzten Tribüne her klangen lustige Weisen herüber, und die Wetter folgten sicher mit derselben Spannung den Phasen des Kampfes wie in Karlshorst, oder wo es sonst immer sei. Mit der Elektrischen ging es dann im Dämmern zum Junkersquartier in die Stadt.

Von Charkow sah ich bei Dunkelwerden nur wenige Straßen. Im diesjährigen Sommerquartier der Junkers-Flieger bekam ich dann einen leisen Begriff von russischen Wohnungsfreuden. In einer vielfach bevölkerten Mietsetage hatte man die beiden kaum mittelgroßen Zimmer einer vorübergehend auswärts weilenden Familie überlassen bekommen. In dem einen waren mit viel Geschick fünf neu gekaufte, ungezieferfreie Betten aufgebaut. Das andere diente gleichzeitig als Wohnraum, Speisezimmer und Büro. Das diesen Prunkraum zierende bequeme Sofa bot mir eine willkommene Lagerstatt. Um 4 Uhr früh ging es in zwei Iswoschtschiks durch die dunkle Nacht zum Flugplatz hinaus, wo sich außer dem Kommissar der kaukasischen Luftflotte noch ein Meteorologe aus Rostow als weiterer Passagier eingefunden hatte

Junkerspilot Franz Kneer mit seiner F 13 am 18. Juni 1923 in Charkow

Beim ersten Morgengrauen schwang sich die „Wachtel“, von Bauerhin gesteuert, in die Lüfte. Über das Charkow-Tal hinweg nahmen wir zunächst Richtung auf das imposante Hauptgebäude des ehemaligen AEG-Werkes, das schon zu Kriegsbeginn beschlagnahmt wurde. Rechts rückwärts lag, noch im Schlummer, die dreigeteilte Stadt, deren Straßenzüge an den blitzenden Lichterlinien reichlicher Nachtbeleuchtung zu erkennen waren. Dann ging es mit Südostkurs auf Rostow zu. Bei leichtem Gegenwind wurde die 420 km weite Strecke in 3 ½ Stunden zurückgelegt. Bauerhin ließ die „Wachtel“ dabei ganz allmählich bis auf 1500 m Höhe klettern. Meine Pelzlederjacke leistete in der Morgenkühle gute Dienste. Gewölk im Osten verschaffte uns einen überaus prächtigen Sonnenaufgang über einförmiger Steppenlandschaft. Teile des Donez-Steinkohlenreviers wurden überflogen, die mit weit auseinanderliegenden vereinzelten Werken jeden Vergleich mit deutschen Industriezentren ausschlossen. Und dann kam, in der Morgensonne schimmernd, der nordöstliche Zipfel des Asowschen Meeres in Sicht. Tangarog blieb rechts liegen. Angesichts des weitgedehnten Don-Deltas glitten wir gemächlich zur russischen Fliegerstation südwestlich von Rostow hinab. 8.15 Uhr erfolgte die Landung.

Zwei startbereite Junkers-Vögel hatten unseren fahrplanmäßigen Frühflug abgewartet, um ihrerseits auf die regelmäßige Donnerstags-Reise zu gehen, der eine nach Charkow, der andere nach Baku. Der letztere mit dem schönen Namen „Bremse“ übernahm von der „Wachtel“ Post, Gepäck und zwei Passagiere, den kaukasischen Luftflottenmann und mich. Flugzeugführer Schäfer und sein humorvoller Bordmonteur Joneck bestiegen die luftigen Führersitze.

8.45 Uhr wurde erneut gestartet. Rostow mit der hochtürmigen Donbrücke blieb rasch zurück. Bis Kawkaskaja am Kuban-Fluß, das wir kurz vor 10.30 Uhr erreichten, ging es unter Abschneidung des großen Bahnbogens querfeldein über endlose, bis auf wenige Dörfer und Flußtälchen völlig einförmige Ebenen. Nur mit Motorpflügen und Dreschmaschinen, die wir vielfach in Tätigkeit sahen, läßt sich auf diesen oft weitab von jeder menschlichen Siedlung gelegenen Feldern Landwirtschaft treiben. Mit einiger Phantasie konnte man sich weit links, wohl noch über dem flimmernden Horizont, den künftigen deutschen Musterbetrieb am Mamytsch vorstellen, der dort auf Grund der Krupp’schen Landkonzession entstehen soll.

Inzwischen hatte die Sonne des Südens längst ihre Strahlenwirkung fühlbar werden lassen und, als wir jetzt weiter der Bahn entlang das Kuban-Tal aufwärts verfolgten, gab es eine tüchtige Schaukelei, die dem vergnügt dreinblickenden Piloten allerhand zu tun gab. Um 11 Uhr passierten wir Armawir. Der Kuban versteckte sich hier weite Strecken völlig unter dicht wachsendem Schilf. Der Kaukasus mit dem Elbrus, dem wir wesentlich näher gerückt waren, lag hinter Dunstschleiern verborgen. Die Hitze wurde immer drückender, so daß man trotz des durch die offenen Kabinenfenster strömenden Luftzugs auch den Rock auszog.

Man war gerade wieder einmal so hübsch im Eindruseln, da verstummte der Motorlärm und die „Bremse“ rutschte im Gleitflug einem unweit des großen Dorfes zwischen Bahn und Flug gelegenen Stoppelfelde zu. Zwischenlandung. Der nicht für solche tropischen Temperaturen berechnete Normalkühler hatte ein kleines Leck bekommen, und der allmählich eingetretene Wasserverlust mußte ausgeglichen werden.

Wir waren kaum aus unserer Kiste geklettert, da brachen schon wahre Schützenlinien, mit einzelnen dichteren Stoßtrupps durchsetzt, aus allen Ecken und Ende des Dorfes und in wenigen Minuten waren wir von einer bunten Menge russischer Bauern und Bäuerinnen umringt, die nicht nur durch Fragen, sondern auch durch Befühlen des merkwürdigen Aluminium-Vogels ihr brennendes Interesse kundgabt. Das gewünschte Wasser wurde schnellstens herbeigeschafft. Inzwischen hatten sich zwei hochgewachsene blondbärtige Männer zu unserer Freude als deutsche Kolonisten entpuppt, die uns erzählten, daß es in nächster Nähe eine ganze Reihe deutscher Dörfer gäbe und uns einluden, sie doch recht bald einmal mit so einem deutschen Flugzeug zu besuchen. Einer herzlichen Aufnahme konnte man gewiß sein, das fühlte man; aber schon hielt Joneck eine seiner kraftvollen Kauderwelschansprachen, deren russische Brocken zusammen mit lebhaften Gesten die Menge veranlaßten, für den Abflug Raum zu geben. Händedrücken, Einsteigen, Abschiedwinken und die „Bremse“ tanzte weiter durch die Mittagsböen. In einer reichlichen Stunde, 1.15 Uhr, war Mineralnyje Wody erreicht, die erste 500 km weite Etappe der Strecke Rostow – Baku zurückgelegt.

Auch hier, auf dem flugplanmäßigen Zwischenlandeplatz, war der Andrang der Neugierigen nicht geringer und beim Heranrollen an „Vaters Sommergehöft“ wäre uns um ein haar ein etwas angetrunkener Tawarüsch in den Propeller gelaufen. Bei Vater Sommer, dem treusorgenden Vertrauensmann der Junkers-Flugleitung, wurde Hühnerbraten zum Mittagbrot bestellt und ein Jüngling übernahm es, vom zwanzig Minuten entfernten Bahnhof Flaschenbier zu besorgen. Die Untersuchung des Kühlers hatte inzwischen ergeben, daß es geratener sei, den Weiterflug erst am folgenden Morgen nach gründlicher Reparatur vorzunehmen.

Der deutsche Konsul aus Baku war uns schon in Rostow als voraussichtlicher Zuwachs unserer Reisegenossenschaft für Mineralnyje Wody angekündigt worden. Endlich erschien Herr Böhme mit dem ganzen Gewicht seiner Persönlichkeit in Begleitung seiner Frau, etwas atemlos und bestaubt von einem viertelstündigen Eilmarsch, aber froh, uns wenigstens noch getroffen zu haben. Denn er hatte in Erwartung des Flugzeuges den gegen Mittag durchgekommenen, nur einmal wöchentlich verkehrenden Expreß-Zug nicht benutzt und mußte doch dringend nach Baku.

Um 5.20 am nächsten Morgen flogen wir von Mineralnyje Wody ab und waren unter Abschneiden des nach Süden ausholenden Bahnbogens um 7.45 Uhr vormittags in Großny. Kurz vor der Landung hatten wir schon einen mit Ölbohrtürmen bedeckten Höhenzug überquert und jenseits der Stadt sah man eine ganze Ansammlung dieser schwärzlichen Gerüste. Das von Neugierigen dicht umlagerte Flugzeug wurde mit Benzin versorgt. Um 10.20 Uhr ging es weiter.

Wir befanden uns jetzt im Flußgebiet des Terek und kamen aus dem sogenannten Steppengebiet in das der Kaspischen Senke. Nordwärts sah man weit über endlose Weiten, im Süden traten die Kaukasus-Vorberge immer dichter heran, einen wundervollen Blick hatte man in das Felsental des Sulakflusses. Endlich kam das Kaspische Meer in Sicht und schnell näherten wir uns nun Petrowsk mit seiner weit in den See hinausragenden Mole. Dicht am Meer bogen wir nach Südosten ab. Der landschaftlich reizvollste Teil des Fluges begann.

Links die wechselnd beleuchtete, spiegelglatte Meeresfläche, grau im Dunst, blau, wo die Sonne zum Durchbruch kam, dunkelgrün zu unseren Füßen, als wir die erste größere Bucht abschneidend überquerten. Rechts waldloses zerklüftetes Felsengebirge. Nordwind beschleunigte jetzt unseren Flug.

12.30 Uhr waren wir über Djerbent. Blaue Kuppeln einer Moschee, alte Festungsmauern. Vor uns traten die Berge zurück, auch die Bahn bog mehr landeinwärts, während wir geradeaus unseren Kurs verfolgten. Das alte Leiden (Leckwerden der Kühler und Wasserverlust) zwingen zu nochmaliger Zwischenlandung. Es geht trotz typischer Löcher im ausgetrockneten Boden alles gut.

Eine reichliche englische Meile entfernt die graubraunen Häuser eines Tatarendorfes auf dem Bahndamm zu zweit wie Ölgötzen dastehende, Lammfellmützen tragende Landeseinwohner. Winken und Rufen rührt sie nicht. Schließlich macht sich der sprachkundige Konsul, von dem russischen Luftflottenmann begleitet, auf den Weg, sie heranzuholen. „Ich dachte, der liebe Gott wäre vom Himmel gefallen“, so tat der eine Tatar die Größe seines Erstaunens kund. Sie kamen näher und begrüßten uns alle auf türkische Art mit beiden Händen. Auf einem kleinen gesattelten Fuchs galoppierte ein junger Tatar ins Dorf und brachte einen großen Tonkrug herbei, mit dem aus einem nahen Wasserloch Wasser geholt wurde.

Schäfer suchte während des Nachfüllens einen einigermaßen brauchbaren Startplatz auf. Dann ging es quer über die mit modernsten Schützengräben und Drahtverhauen gegen die Landseite gesicherte Halbinsel Apscheron, über wahre Wälder von Ölbohrtürmen, über den Bahnhof von Balachanin, über friedlich in Gattern weidende Kamele, über das Häusermeer von Baku auf die Reede hinaus und in scharfer Kehrkurve zurück gegen den pfeifenden Nordwind zum hochgelegenen Flugplatz, wo wir 3.10 Uhr nachmittag landeten. Die „Bremse“ hat noch ihr Fahrgestell“, stellte Joneck befriedigt fest und dann schoben wir unser treues Luftroß in die bergende Halle.

Daß ich von Königsberg über Moskau mit dem Flugzeug gekommen war und ebenso wieder zurückfliegen wollte, konnte den Bakuern wenig imponieren. Sie sind längst damit vertraut, internationaler Luftknotenpunkt geworden zu sein, haben eine eigene „Aserbeidshanische Freiwillige Luftflotte“, die As-Dobroljot, gegründet und ein komplettes Verkehrsflugzeug gleich mit Besatzung gekauft, das nicht nur zu Sonderflügen nach Tiflis benutzt wird, sondern auch kaufmännischen Zwecken, z. B. der schnellen Verbindung mit Faktoreien an der persischen Grenze, dienen soll.“

Angelika Hofmann

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Weiterführende Informationen:

Kalenderblatt Nr. 13: Das Silvesterabenteuer mit einer Junkers F 13 in Russland vor 84 Jahren
Junkers Kalenderblatt Nr. 19 – Eine F 13 überfliegt den Kaukasus
Junkers Kalenderblatt Nr. 23 – Eröffnung des Luftverkehrs auf der Strecke Moskau-Tiflis

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