Die behaglich ausgestattete Kabine für vier Gäste war mit einer gleichen Anzahl Doppelkopfhörer ausgestattet. Punkt 8 Uhr stieg das Radio-Flugzeug auf; 8.05 Uhr war schon eine achtbare Höhe erreicht, und mit sichtlicher Spannung hielten die Fluggäste ihre Köpfe zwischen die Hörer. Da, mit einem Male geschah etwas Merkwürdiges, was keiner der Teilnehmer an diesem Fluge je vergessen wird; eine klare und deutlich vernehmbare Männerstimme ertönte: „Guten Morgen, meine Herren! Ich wünsche Ihnen einen guten Flug nach Leipzig. Hier ist das Vox-Haus in Berlin; wir beginnen jetzt mit unserem Frühkonzert und bringen Ihnen als erstes Stück einen Militärmarsch.“ Hier brach die Stimme des Sprechers ab. Summen wurde vernehmbar, und diesem folgten mit aller Wucht und Schönheit die Klänge eines wohlbekannten Armeemarsches. Ein Blick auf den Barographen, und man konnte feststellen: Frühkonzert in 1000 Meter Höhe. Dem Marsch folgten nach Beendigung andere musikalische Darbietungen, und unbeirrt von dem rasenden Flug des Apparates und der ständig wachsenden Entfernung von der Sendestation zur Empfangsstelle ertönte stockungslos dieser eigenartige Kunstgenuß. Keiner der Fluggäste konnte sich des überwältigenden Eindrucks erwehren, den diese Darbietung auf ihn machte. Man lauschte und war völlig gebannt.“
Im „Berliner Lokalanzeiger“ vom 12. März 1924 erschien folgender Bericht:
„Silbern in der Morgensonne blinkend, harrt das Junkers: Flugzeug. Ein feiner Draht zieht sich von den Spitzen der Tragflächen zum Schwanz und zur Kabine – die Antenne, die die klangtragenden Ätherwellen auffangen soll. Das Tempelhofer Feld will uns mit feuchtem Lehm auf der heimatlichen Erde festhalten, aber da ruft neben dem Flugzeugführer der Mann, der den Radio-Apparat bedient: „Der Empfang setzt ein“, und schon sind wir vier in der Kabine auf einem bequemen Sessel und haben Kopfhörer über den Ohren. Dann begrüßt uns der Ansager vom Vox-Haus, das nur unseretwegen schon um 8 Uhr morgens musiziert, und wünscht uns eine glückliche und genußreiche Reise. Musik aus der „Fledermaus“. Paßt eigentlich nicht, denn das Aluminiumtier gleitet mit angelassenem Motor ruhig über das Feld, flattert nicht, es schwebt fast – nein, es schwebt schon! Über das Tempelhofer Feld hin nach den Tönen des schmiegenden Walzers. Und die junge Frau, die in unserer Lufteinsamkeit das liebenswürdige weibliche Element verkörpert, wiegt sich, ein Strahlen in den Augen, im Takte mit. Nun bin ich um den Eindruck des Abfluges gekommen, ohne es zu merken. Die drahtlose Musik hat die ratlose Scheu vor dem ersten Flug ausgeschaltet. In wenigen Minuten sind wir auf 500 Meter Höhe. Die Musik ist gut zu vernehmen, man sitzt wie zu Hause bequem und ruhig im Sessel, nur die Landschaft unter uns bewegt sich. Noch immer haben wir Anschluß an den Vox-Sender. Bei Wittenberg wird auf Leipzig umgeschaltet, wo der seit wenigen Tagen in Betrieb genommene Sender während der Messezeit fast den ganzen Tag über arbeitet. Leipzigs Musik, immer lauter, will den Motor übertönen. Plötzlich aber wird dieser gleichmäßige, rasende Herztakt unseres Vogels langsamer und schwächer. Da sehe ich durch das Flugzeugfenster Flugplatzschuppen, die langsam uns entgegenwachsen. Also schon die Landung. Bei den Klängen eines Foxtrott setzt der Aluminiumvogel auf und hüpft im Onestep über den Landungsplatz.“
Der Messeflugverkehr wurde ein voller Erfolg. Im amtlichen Leipziger Polizeibericht hieß es: „In den ersten vier Messetagen war der Andrang zu den Flugveranstaltungen der Junkers-Werke auf dem Flugplatz Leipzig-Mockau derart groß, daß über 1000 Passagiere für die Strecken- und Rundflüge zu verzeichnen waren. Für den Zuspruch reichten stellenweise die Räumlichkeiten des Starthauses und des Flugplatz-Vorfeldes nicht aus, so daß der Platz polizeilich abgesperrt werden mußte. Die erreichte Passagierzahl bedeutet einen Rekord, der bisher bei keiner deutschen Flugveranstaltung auch nur annähernd erreicht wurde und stellt der Leistungsfähigkeit der Maschinen und des Personals ein glänzendes Zeugnis aus.“