21. Februar 1925 Junkers

Im Jahre 1925 plante die Junkers Luftverkehr AG einen Zusammenschluß aller mit Junkers-Verkehrsflugzeugen arbeitenden europäischen Luftverkehrsgesellschaften zu einer Kommanditgesellschaft auf Aktien namens „Europa-Union“. Damit sollte ein internationaler Fluglinienverbund von Riga bis London und von Stockholm bis Zürich, Wien und Budapest geschaffen werden. Mit Hilfe von Reparaturgemeinschaften und aufeinander abgestimmten Streckenplänen sollten die Kosten gesenkt und die Eigenwirtschaftlichkeit des Luftverkehrs angestrebt werden.

Im Februar 1925 beschloss der Bayerische Landtag, unter Beteiligung des bayerischen Staates eine eigene Luftverkehrsgesellschaft zu gründen, um sich die Mitarbeit an der Europa-Union zu sichern. Im Anschluß an die Beratungen und die Annahme des Handelsetats, durch welchen die Regierung ermächtigt wurde, sich an der in Gründung befindlichen „Bayerischen Luftverkehrs A. G.“ und damit mittelbar an der „Europa Union“ zu beteiligen, fand am 21. Februar 1925 ein Geschwaderflug von vierzig bayerischen Abgeordneten statt, über welchen die „München-Augsburger Abendzeitung“ u. a. schrieb:

„Am Samstag, 21. Februar, vormittags, 36 Abgeordnete aus allen Parteien — die Kommunisten ausgenommen — hatten sich angemeldet, dazu kamen als Ehrengäste Oberbürgermeister Scharnagl, Verkehrsreferent der Stadt München, Dr. Konrad und fünf Pressevertreter aus dem Landtag. Drei große Omnibusse der Reichspost, Abteilung München, bringen in schneller Fahrt die Abgeordneten nach dem Flugplatz Oberwiesenfeld. Hier bietet sich ein herrliches Bild. Neun Junkers-Ganzmetall-Limousinen der Trans-Europa-Union stehen startbereit. Über Nacht ist das Geschwader herbeigezaubert worden, sogar eine Maschine mit dem Schweizer Hoheitszeichen ist dabei.

Über dem Flugplatz lag dichter Nebel, der sich bis zu 150 Meter aufwärts erstreckte, so daß sich der Abflug des bayerischen Landtags naturgemäß verzögern mußte. Eine Maschine flog auf und machte einen Erkundungsflug. Pilot Bauer kehrte mit der Mitteilung zurück, daß über dem Seengebiet und tief ins Gebirge hinein noch ziemlich dichter Nebel herrsche, so daß eine Verzögerung von etwa 1 Stunde notwendig sein dürfte.

Inzwischen versammelten sich die beiden Bürgermeister, Scharnagl und Dr. Küfner, und die Abgeordneten mit den beiden Präsidenten Königbauer und Auer in der neuerrichteten Halle auf Oberwiesenfeld, wo Freiherr v. Könitz namens der Trans-Europa-Union und der Junkers-Luftverkehrs-A.-G. die Herren begrüßte und darauf hinwies, daß wir auf historischem Boden weilen, wo bereits vor 16 Jahren die ersten Flugversuche gemacht wurden. Nach einer kurzen technischen Schilderung des Freiherrn v. Könitz gab Jurinek ebenfalls einen historischen Rückblick und erwähnte, heute sei es gerade sechs Jahre her, wo ebenfalls der bayerische Landtag aufgeflogen sei, damals aber als Folge der Ermordung Eisners. Was in diesen sechs Jahren kulturell wirtschaftlich, sozial und staatspolitisch geschehen sei, das könne man am besten auch am Luftverkehr erkennen. Heute sei das Zivilflugzeug das modernste Verkehrsmittel geworden. Der heutige Flug des Landtags sei eine längst beschlossene Sache gewesen, aber es konnte naturgemäß die Aufführung des Entschlusses erst erfolgen nach Abschluß der Beratung des bayerischen Handelsetats. Wenn der bayerische Landtag sich über die Zugspitzbahn unterhalten werde, werde ebenfalls eine Einladung an den Landtag zu einem Zugspitzflug ergehen.

Landtagspräsident Königbauer versicherte, daß der Landtag allen Bestrebungen des Flugverkehrs jederzeit mit Tatkraft gegenübertreten werde, denn der Luftverkehr zeige, daß Deutschland bemüht sei, weiter vorwärts zu schreiten und auch im Luftverkehr seinen Platz zu behaupten.

Virchow erläuterte sodann den Herren an Hand eines Flugzeuges die technische Einrichtung und technische Konstruktion. Langsam weicht der Nebel und zum Aufstieg sind die Flugzeuge bereit. Der Flug führte bis in das bayerische Gebirge. Nach über halbstündigem Flug erfolgte nach einer Runde über München die Heimkehr.

Eine F 13 auf dem Starnberger See

Die „Welt a. S.“ schrieb folgende Zeilen über den Landtagsflug:
„Ein dichtes Nebelmeer lag über den Türmen und Schloten der Stadt, als eine Maschine nach der andern startete und in Kurven auf 1000 Meter stieg, um dann im fahlen Glanze der Wintersonne Südkurs einzuschlagen. Die Abgeordneten verteilten sich vor Antritt ihres Fluges unter recht launigen Witzen ohne Unterschied der Partei auf die Flugzeuge und nahmen in deren Limousinen Platz. Als gleichzeitig Präsident Königbauer mit den Führern der Sozialdemokratischen und Deutschnationalen Fraktion startete, meinte der allseits schlagfertige und humorvolle Pfarrer Lederer: „Da gibt’s in der Luft eine neue Koalition!“ Unter den Abgeordneten, welche sich in praktischer Weise persönlich vom Flugwesen unterrichten wollten, bemerkte man so unter anderem auch Domkapitular Hildebrandt mit seinem breitkrämpigen Hute neben Frau Hofrat Barth und den früheren Minister Roßhaupter neben Graf Treuberg der Völkischen. – Kurz, es war als ob ein gemeinsamer Flug in die Lüfte, eine von allen begrüßte Möglichkeit friedlichen Meinungsaustausches bot.

So zog der Bayerische Landtag über den Nebeln durch weiße Wolkenberge in den silbrigen Metallvögeln auf dem Luftwege nach Süden, sah unter sich hin und wieder die Isar heraufgrüßen und bekannte Dörfer zwischen braunen Wiesen und Wäldern.

„Es ist erfreulich, daß das Interesse Bayerns an der Entwicklung des Luftverkehrs, wie die letzten Tage bewiesen, eine außerordentliche Stärkung erfahren hat und man muß es der bayerischen Regierung sehr zu gute schreiben, daß sie sich in solcher Weise tatkräftigst vor dem Landtage für ihren Vorschlag eingesetzt hat. „Sie werden dadurch, daß Sie dies ermöglichen, sich und der Regierung den Vorwurf ersparen, daß eine entscheidende Gelegenheit versäumt worden sei und eine große Zeit ein kleines Geschlecht vorgefunden habe“, — so schloß Minister von Meinel seine Rede über die Luftfahrt. Der Besuch auf Oberwiesenfeld wird gewiß viel dazu beigetragen haben, daß sich von der Richtigkeit dieser Worte alle Abgeordneten überzeugen konnten, die Abgeordneten aller Fraktionen! An dem ist wohl festzuhalten, daß die Luftfahrt ein großes Hoffnungsgebiet deutscher Zukunft ist, an dessen friedlicher Eroberung alle Parteien wetteifern können und sollen. Die „Koalition der Lüfte“ — von der in launiger Weise auf dem Flugfeld gesprochen wurde, — hat ihre ernste Bedeutung, von deren praktischer Erkenntnis und Verwertung nicht wenig davon abhängen wird, welche Stellung Bayern sich bei der fortschreitenden Entwicklung des europäischen Luftverkehrs behaupten und erringen wird!“

Angelika Hofmann

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Quelle:Junkers-Luftverkehr Nachrichtenblatt 1925 Nr. 3 vom 23. Februar

Weiterführende Informationen:

Junkers Flugzeuge: Typ F 13
Am Anfang steht der „Blechesel“: Die Junkers F 13

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