Über Großglockner und Großvenediger im vollbesetzten Verkehrsflugzeug
Am Allerheiligen unternahmen es zwei Junkers Metall-Limousinen, vom Flughafen Schleißheim trotz der ungewissen, wolkigen und über den Alpen bisweilen arg stürmischen Wetterlage, zu einem neuen Rekordflug zu starten. Es hatte sich am Abend zuvor eine Gesellschaft zusammengefunden, die sich entschloß, mit Ausnützung aller Belastungsmöglichkeiten für sechs und sieben Personen zum ersten Male und noch dazu im November den Großglockner und Großvenediger zu überfliegen.
Gegen 1 Uhr mittags erfolgte der Start auf Oberwiesenfeld. Unter den Insassen der ersten Maschine, die der Münchner Pilot Bauer steuerte, befanden sich zwei mutige Holländerinnen, die Baronin von Dedem zu Driesberg mit Tochter, Kunstmaler Peter Martin Lampel (München) und der österreich. Fliegeroberleutnant Artur von Schwertführer von der Kinotechnischen Abteilung der Deutschen Filmschule, der wertvolle Aufnahmen kurbelte. Mit der zweiten Maschine startete der bekannte Pilot Kneer des Bayerischen Luft-Lloyds, der Kriegsberichterstatter Rolf Brand, Willi Ruge mit seinem schweren Filmapparat, Dr. Wolter, der Direktor der Kinotechnischen Filmschule in München, und als Leiter des Unternehmens Ingenieur Walter Rockenfeller von Junkers Luftverkehr.
Trotz geschlossener Wolkendecke – nur Reichenhall lugte aus einem Spalt des Gewölkes – stießen die Flugzeuge, nachdem sie München überkreist hatten, bis zu den Hochalpen vor. Es gab entzückende Wolkenlandschaften zu kurbeln, die sich um die Berggipfel hängten, und zu Freude aller bot sich im Hochgebirg selbst bald eine fast klare, unbeschreiblich schöne Alpenlandschaft. Kahl und grau zerklüftet türmten sich die Gebirgsmassen aus der eisigen Gletscherwelt zu den Fliegern empor und sanken in jähem Absturz in die Tiefe, dort schlängelten die Bäche zwischen grünen Tälern und rotbraunen Wäldern.