Gegen Mittag lichtete sich der Bodennebel und das Wetter klarte auf. Der Abflug drängte bereits. Das Königspaar, das sich seit etwa elf Uhr in Dübendorf in einer Gastwirtschaft aufgehalten hatte, kam im Kraftwagen auf dem Startplatz an, ohne von den militärischen Wachen des Flugplatzes irgendwie erkannt worden zu sein. Es erfolgte noch ein kurzer Probelauf und die Passagiere nahmen ihre Plätze ein, König Karl und Königin Zita auf dem Kabinensofa, drei weitere Personen auf den anderen Plätzen. Hierunter befanden sich auch die beiden Herren, die am 17.10. an dem Probeflug teilgenommen hatten. Um 12 Uhr 15 Minuten startete das Flugzeug.
Nach einer Proberunde wurde zunächst die Richtung zu den Kurfir am Walensee aufgenommen. An der Südspitze des Zürichsees wurde östliche Richtung eingeschlagen am Säntis vorbei zum Bodensee. Bei Rorschach überflog Flugzeug CH 59, so lautete die schweizerische Registernummer des Flugzeuges, die Schweizer Grenze.
Trotz der außergewöhnlichen hohen Zuladung von 800 kg, mit welcher der Start in Dübendorf glatt erfolgt war, hatte das Flugzeug bisher schon eine Höhe von 3000 m erreicht bei einer durchschnittlichen Fluggeschwindigkeit von 160 km/Std. Im weiteren Verlauf des Fluges wurde eine Stundengeschwindigkeit von 180 km eingehalten, abgesehen von kleinen Unterbrechungen, während deren vorübergehendes Aussetzen des Motors Drosseln und mithin Gleitflüge nötig machte.
Die oftmaligen Motorpannen, die auf die Verwendung des anders gearteten Brennstoffes zurückzuführen waren, schienen mehrmals die Durchführung des Fluges in Frage zu stellen. Durch Drosseln und ruckweises Gasgeben sowie durch häufige Brennstoffilter-Entleerung konnten die Störungen während des Fluges beseitigt werden.
Trotz dieser wiederholten Unterbrechungen wurden am Ende der dritten Flugstunde noch über 3500 m Höhe erreicht bei der hohen Geschwindigkeit von 180 km/Std. Der Rest des Weges wurde mit einer Stundengeschwindigkeit von 200 km im gestreckten Gleitflug zurückgelegt.
Vom Bodensee aus hatte der Flug nahe der Tiroler und Bayerischen Landesgrenze ostwärts geführt. Dicht zur Rechten schlossen die langgestreckten Ketten der Allgäuer und Nordtiroler Kalkalpen den Horizont ab, zur Linken reichte der Blick weit ins bayerische Oberland. In der Höhe von Salzburg am Dachsteingebirge wurde Kurs auf Linz genommen. Als die Donau in Sicht kam, ging’s wieder ostwärts weiter an Steyr vorbei über St. Pölten zum Wienerwald. Baden zwischen Wien und Wiener Neustadt wurde überflogen, das Leitha-Gebirge blieb bald zurück und die ungarische Ebene war erreicht. Nach genau 4 Stunden Flugzeit, in der eine Strecke von rund 650 km zurückgelegt worden war, wurde 4 Uhr 15 Min. nachm. mit der untergehenden Sonne zunächst etwa 30 km südlich des Neufiedlersees auf freiem Feld gelandet. Da man sich noch nicht am ausgemachten Landeplatz befand, wurde sofort wieder gestartet und einige Kilometer weiter südlich in der Nähe des Dorfes Cziraki zum zweiten Male gelandet. Die Passagiere stiegen aus und wurden von den dort ansässigen Grafen Cziraki am Landeplatz begrüßt.
Trotz der Wichtigkeit der in allerkürzester Frist zu erwartenden Ereignisse und Entscheidungen galt nach der Landung ein Hauptinteresse noch dem Flugzeug. Alle, sonders Königin Zita und König Karl, sprachen sich voll Bewunderung über die Leistungen dieses modernen Flugzeuges und die kaum für möglich gehaltene Durchführung des Fluges aus.
Das Königspaar begab sich bald darauf in ein benachbartes Schloß, wo es die Nacht über verblieb, um an nächsten Morgen zu den königstreuen Truppen im damaligen Abstimmungsgebiet Westungarn zu gelangen. Die übrigen Insassen des Flugzeuges übernachteten im Schlosse in Cziraki.
Um kein unnötiges Aufsehen zu erregen, durfte ich den von mir beabsichtigten Rückflug nicht eher ausführen, als die vorläufig noch geheim gehaltene Ankunft des Königs in Ungarn bekannt wäre. Ich reiste darauf am nächsten Tage sofort nach Budapest, um mir die nötigen Papiere für die Rückkehr auf dem Landwege nach Deutschland zu verschaffen und so beide Möglichkeiten, die Rückkehr mit dem Flugzeug nach der Schweiz oder die Rückkehr auf dem Landwege nach Deutschland, zu haben. Inzwischen hatten sich die Verhältnisse bald zu Ungunsten des Königs gestaltet. Der erwartete Anschluß der Masse der städtischen Bevölkerung erfolgte nicht. Die Gegenpartei des Königs gewann die Oberhand.
Durch die unerwartete Veränderung der Lage, die Unruhe im Lande und das Stocken der Verkehrsmittel war es mir nicht mehr möglich, den über 150 km von Budapest entfernt liegenden Landeplatz Cziraki früh genug zu erreichen, um den Rückflug zu unternehmen. Außerdem hätte auch der nötige Brennstoff nicht mehr zeitig genug beschafft werden können. Nach zehntägigen Aufenthalt in Ungarn gelang es mit selbst nur unter größten Schwierigkeiten, über die Tschecho-Slovakei nach Deutschland zu kommen.
Das Flugzeug sollte nach meiner Abreise von Cziraki vorläufig in einer Scheune beim dortigen Schlosse eingestellt werden. Zeitungsnachrichten zufolge soll es nunmehr beschlagnahmt worden, nach Budapest geschafft und dort ausgestellt sein.
Dessau, den 1. Februar 1922.
Zi./Th.
gez. Zimmermann
Das Scheitern dieses zweiten Wiedereinsetzungsversuches besiegelte endgültig den Untergang der fast 900 Jahre währenden Dynastie. Mit Karls Frau Zita verstarb jedoch erst am 14. März 1989 das letzte wirklich machtvolle und einflussreiche Mitglied des Königshauses. Sie war es im Übrigen auch, die Kaiser Karl dazu bewogen haben soll, lediglich die Regierungsgeschäfte an die ausgerufene österreichische Republik am 11. November 1918 abzugeben. Die offizielle Absetzung der Monarchie wurde weder von Karl noch von Zita anerkannt, genauso wenig wie die ungarische Entmachtung zwei Tage später.