24. Juni 1923 Junkers

Anfang April 1923 hatte die Junkers-Südamerika-Expedition nach Überwindung zahlreicher Schwierigkeiten den brasilianischen Bundesstaat Parà erreicht. Bisher waren dem Pionierflug von Kuba nach Argentinien der Mechaniker Wilhelm Thill und die F 13 D 217 „Flamingo“ zum Opfer gefallen. Leider sollten es nicht die einzigen Opfer bleiben …

Durch das viele Im-Regen-Fliegen war der Propeller der F 13 D 218 „Birkhahn“ so stark beschädigt worden, dass die Expedition in Parà auf eine Ersatzlieferung warten musste. Als der neue Propeller endlich eingetroffen und montiert worden war, stellte sich jedoch bei den Probeflügen heraus, dass er sich im Tropenregen verzogen hatte und dadurch unbrauchbar war. Auch der Motor hatte durch die Starts mit dauernd überlasteter Maschine so sehr gelitten, dass an einen Weiterflug nicht zu denken war; er musste verschoben werden, bis Expeditionsleiter Stahl in Pernambuco einen funktionsfähigen Motor und einen tropenfesten Propeller besorgt hatte.

F 13 D 218 im Flug über den Amazonas in Para

Um das Flugzeug beim Weiterflug etwas zu entlasten, reiste Pilot Drewsky per Schiff nach Rio de Janeiro. Dort wollte er das Ersatzflugzeug für die verunglückte „Flamingo“ und den als Begleiter mitreisenden Mechaniker Franz Schönmetzler in Empfang nehmen, der den verunglückten Wilhelm Thill ersetzen sollte.

Die neue F 13 „Kauz“ hatte unglücklicherweise die Kennung D 218, so dass es jetzt, da die Kennung der F 13 „Birkhahn“ nach ihrer Ankunft in Havanna aus abergläubischer Vorsicht von 213 in 218 geändert worden war, zwei F 13 mit dieser Kennung gab. Jastram entschloss sich daraufhin, die Kennung der „Kauz“ im Andenken an die gesunkene „Flamingo“ in D 217 abzuändern. Das bedeutete nun, dass beide F 13 mit falschen Kennungen flogen.

F 13 D 217 „Kauz“ in Victoria (Brasilien)

Die tropischen Verhältnisse hatten inzwischen Nerven und Gesundheit der Expeditionsmitglieder angegriffen. Jastram schrieb am 15. Mai 1923 an die Junkerswerke:
„… in Venezuela hatten wir alle etwas Fieber gehabt. Müller hat hier 14 Tage gelegen, seit heute morgen liegt Werner Junkers zu Bett, er hat etwas Fieber … Dass die Nerven aller bis an die Grenze engagiert sind, braucht nicht besonders erwähnt zu werden. Nach all dem Ungemach, das über uns hereinbrach, darf man sich darüber nicht wundern …“

Auch Expeditionsleiter Stahl, der in Rio de Janeiro den Empfang des Flugzeuges und die Gründung einer Luftverkehrsgesellschaft vorbereitet hatte, war inzwischen über das Ausbleiben der Maschine unruhig geworden und fuhr selbst nach Parà, um sich über die Lage zu informieren. Was er dort sah, war nicht gerade erfreulich:

„Werner Junkers und Müller sind ziemlich auf dem Hund. Herr Jastram selbst ist mit seinen Nerven soweit, dass ich seine Ablösung nicht dringend genug empfehlen kann. … Herr Jastram klagt in erster Linie darüber, dass er hätte meist mit stark überlasteter Maschine fliegen müssen, was die Maschine naturgemäß stark mitgenommen habe.“
Jastram wollte die Expedition abbrechen; das Vorhaben, den Flug bis Rio de Janeiro fortsetzen zu können, erschien ihm immer aussichtsloser. Aber Stahl war dagegen:
„Da jedoch die Durchführung des Flugs für Junkers eine Prestigefrage geworden ist, verabredete ich mit Herrn Jastram, den Flug nach der Hauptstadt in kurzen Etappen ohne Gefahr bergende Eile vollends durchzuführen, während wir in Rio die Ersatzmaschine nach erfahrungsgemäßer Konservierung unabhängig vom Birkhahn einsetzen würden. Damit war Herr Jastram nicht einverstanden, doch die Lage erfordert das jetzt. Auch ist das der beste Weg, der Hauptstadt über das auffallend lange Ausbleiben der Maschine etwas hinwegzuhelfen. Die Verantwortung trage ich.“[1]

F 13 D 218 auf dem Amazonas in Para

Am 21. Mai 1923 war endlich der neue Motor eingetroffen. Auch ein neuer Propeller war montiert worden. Nach über einen Monat Aufenthalt wollte die Expedition nun endlich den Flug die Küste entlang nach Sao Luiz de Maranhao fortsetzen, da brach ein solch heftiges Unwetter über die Amazonasmündung herein, dass selbst die Dampfer nicht mehr auslaufen konnten. Durch den Tropenregen wurde der Propeller erneut beschädigt, so dass Jastram inzwischen endgültig die Geduld verlor und an den inzwischen nach Rio de Janeiro zurückgekehrten Expeditionsleiter Stahl telegrafierte, „er könne mit dem Apparat nicht weiterfliegen, es sei ein leichtsinniges auf’s Spiel setzen der Besatzung, wenn man es täte.“[2] Er wollte das Flugzeug nun per Schiff nach Rio transportieren.

Stahl setzte diesem Ansinnen heftigsten Widerstand entgegen: „Die Maschine zu verladen, war, wenn Maschine und Besatzung nicht ernsthaft gefährdet, einfach undenkbar. Das wäre für die Amerikaner ein Triumph geworden, der uns jedes Geschäft zerschlagen hätte. Unsere Leute hier beschworen uns, alles daran zu setzen, die Maschine nach hier zu bringen. …“[3]

Jastram fügte sich und schickte Hermann Müller und Werner Junkers am 30. Mai 1923 auf die Reise, nicht ahnend, dass er sie nicht mehr wiedersehen sollte. Um 10.50 Uhr des folgenden Tages langten sie in Maranhao an. Hier gab es neue Schwierigkeiten zu überwinden: Der Apparat wurde bei der Landung an den Schwimmern beschädigt, eine Reparatur war mit dem vorhandenen Material nicht möglich und die Besatzung musste auf neue Schwimmer warten. Erst drei Wochen später war der „Birkhahn“ wieder flugbereit.

Hermann Müller und Werner Junkers

Am 24. Juni 1923 endlich starteten Hermann Müller und Werner Junkers zum Weiterflug nach Camocim, wo sie am gleichen Tage eintrafen. Was nun weiter geschah, gab der Pilot Carl Hense später zu Protokoll:

„Die Maschine hatte in Camocim die Nacht verbracht und war am 25. Juni 1:45 Uhr nachm. unter dem Jubel der Bevölkerung in Aracaty gelandet. Es wurden ca. 300 l Benzol getankt, welches extra hierfür bereitgestellt war und 2:45 Uhr nachm. startete die Maschine erneut, um das günstige Flugwetter auszunutzen und noch nach Natal zu fliegen. Kurz nach dem Start ist die Maschine aus etwa 100 m Höhe aus der Rechtskurve heraus rasch zur Erde niedergegangen, beim Aufschlag auf die Erde explodiert und verbrannt. De Besatzung ist mitverbrannt und wurde andren Tages in Aracaty auf dem Friedhof unter Beteiligung der ganzen Bevölkerung beigesetzt.“ [4]

Brennende F 13 in Aracaty
Todesanzeige Hermann Müller und Werner Junkers

An die Gründung einer Luftverkehrsgesellschaft in Rio de Janeiro war nun nicht mehr zu denken. Jastram und Drewsky wurden zurück nach Dessau beordert, nur der Pilot Hense, sein Monteur Schönmetzler und die F 13 „Kauz“ verblieben vorerst in Rio de Janeiro.

F 13 D 217 „Kauz“ in Rio de Janeiro

Über die Ursachen des Unglücks berichtete später der nach Aracati entsandte Junkers-Pilot Friedrich Höpken:

„Im Anschluß an meinen letzten Bericht vom 20. 7. muß ich heute zu meinem Leidwesen mitteilen, daß ein weiteres Faß Benzol, daß wir zu unseren Flügen hier gebrauchen wollten, unbrauchbar ist. Es waren, wie Sie aus den Berichten von Herrn Stahl wohl wissen, an bestimmten Stellen Benzindepots errichtet für den Flug des „Birkhahn“ von Para nach Rio. Nach dem Absturz des „Birkhahn“ sollten diese Depots für unseren Flug nach Bahia benutzt werden. Über den Ausfall des in Victoria lagernden Fasses habe ich bereits berichtet, und ich höre, daß Herr Stahl auch geschrieben hat, was wir vermuten. Nun wollten wir hier von Aracaju fliegen und füllten hier ebenfalls ein Faß auf, das ursprünglich für den „Birkhahn“ bestimmt, hier lange gelagert hatte. Beim Start hatten wir dieselben Erscheinungen und mußten feststellen, daß es ebenfalls nicht brauchbar war. Wir werden nun noch drittes Faß untersuchen.

Diese Tatsache besagt, daß alle bis jetzt angetroffenen vorausgeschickten Fässer unbrauchbar waren. Motorerscheinungen sind dabei starke Erhitzung der Cylinderköpfe, Nockenwelle und der Saugrohre, dabei sehr harten Lauf und Nachlassen der Touren. Beim Ziehen der Zusatzluft Nachlassen der Touren um etwa 150 – 200. Falls sich unsere Annahme bestätigt, daß alle für den „Birkhahn“ vorausgeschickten Fässer diese schlechten Eigenschaften zeigen, muß angenommen werden, daß das Unglück in Aracaty diese Ursache hat und findet sich dann endlich die Aufklärung.“ [5]

Werner Junkers

Angelika Hofmann

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Quellen:

  1. Schreiben Stahl an Abt. Luftverkehr vom 14. Mai 1923
  2. Schreiben Petersen an Junkerswerke, Abt. Luftverkehr vom 26. Juni 1923
  3. Bericht Nr. 11 von Stahl an die Abt. Luftverkehr vom 1. Juni 1923
  4. Aussagen des Flugzeugführers Carl Hense zu der Verunglückung der Junkers Limousine D 218 in Aracaty am 25. Juni 1923
  5. Schreiben Höpken an die Abt. Luftverkehr vom 25. Juli 1923
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