20. Juni 2019 Junkers
Wellblechtragfläche, gebaut bei Junkers & Co.
Armin Fuhrer

Aufbruch in die Zukunft: Die Vorgeschichte der F 13

Als Hugo Junkers 1919 die F 13 als erstes ziviles Ganzmetall-Flugzeug der Welt auf den Markt brachte, war das ein bedeutender Schritt für die Entwicklung der zivilen Luftfahrt. Die Vorarbeiten hatte er schon Jahre zuvor gestartet und auch während des Ersten Weltkrieges vorangetrieben. Dabei war er auf zahlreiche Widerstände gestoßen – aber Junkers hatte nie aufgegeben.

Junkers F 13
  • AUTOR

    Armin Fuhrer

  • JAHRESANGABE

    1919

  • TYP

    F 13

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haupttext

Als der 32-jährige Hans Reißner 1906 als Professor für technische Mechanik an die Technische Hochschule Aachen berufen wurde steckte die Entwicklung der Flugzeugtechnik noch in den Kinderschuhen. Fliegerei galt als ein Sport für junge, gutbetuchte Männer, die der Damenwelt Eindruck machen wollten und aufgrund vieler Abstürze als sportliche Methode des Selbstmords. Dass sich eines Tages Menschen in ein Flugzeug setzen könnten um damit von A nach B zu fliegen, daran dachten bestenfalls einige Fantasten. Das galt vor allem für Deutschland. Die Deutschen waren damals gewiss eines der am stärksten von der Technik begeisterten Völker überhaupt. Aber hierzulande setzte man voll auf die riesigen Luftschiffe des Grafen Zeppelin. Dass ein Professor sich an einer Hochschule der Entwicklung der Flugzeugtechnik widmete, galt als gelinde gesagt ungewöhnlich. Durchaus auch unter den eigenen Kollegen.

Reißner focht das nicht an. Er hatte sich bei Voisin in Frankreich ein Flugzeug bauen lassen, das aber äußerst unbefriedigend war. Da er das Geld für die notwendigen Weiterentwicklungen und Umbauten nicht hatte, ließ er die Maschine nach Aachen schaffen. Und er wandte sich an einen älteren Kollegen, der sich als Forscher, Erfinder und Hersteller neuer Geräte einen Namen gemacht hatte, mit dem Vorschlag für eine Zusammenarbeit. Dieser Mann war Hugo Junkers.

Der 48-jährige musste nicht lange überzeugt werden. Tatsächlich hatte er sich schon in seiner Jugend Gedanken über die Fliegerei gemacht. In den aufreibenden Jahren, in denen er seine Erfindungen wie das Kalorimeter und den Gasbadeofen auf den Markt gebracht hatte, hatte er stets um seine wirtschaftliche Existenz kämpfen müssen. Für eine Liebhaberei wie das Flugzeug war schlicht keine Zeit geblieben. Er habe lediglich Zeit gehabt, „ihm gewissermaßen sonnige Gedanken zu widmen, bis zu einem günstigen Zeitpunkt“, schrieb er Reißner . Dieser Zeitpunkt war nun gekommen. Als Reißner sich mit der Bitte um Hilfe an ihn wandte, schlug Junkers sofort ein. Er machte Reißner aber klar, was es brauchte, um zum Ziel zu kommen: viel Zeit, viel Geld und die Zusammenarbeit vieler technischer Faktoren. Junkers aber war von Grund auf Optimist und so schrieb er am 25. Oktober 1907 seinem neuen Kompagnon auch, dass es sich bei der Entwicklung einer Flugmaschine um ein Problem handele, „an dessen einstiger praktischer Lösung ich nie einen Augenblick gezweifelt habe“ .

Die beiden machten sich an die Arbeit. Junkers widmete dem Problem so viel Zeit, wie er entbehren konnte. Sein Hauptaugenmerk lag allerdings auf der Forschung zu einem neuen Gegenkolben-Dieselmotor, mit dem er sich gute Geschäfte erhoffte. An so etwas war beim Flugzeugbau überhaupt gar nicht zu denken. Die Konstruktionsarbeiten lagen hauptsächlich bei Reissner, während Junkers & Co. (Jco) in Dessau, die ja viel Erfahrung hatte mit dem Metallbau, die Entwicklung einer Tragfläche vornahm. Junkers war auf den Gedanken gekommen, statt Holz und Leinwand Metall, und zwar Aluminium, zu verwenden. Das war zwar schwerer, aber widerstandsfähiger.

Junkers fand aber noch einen Vorteil von Metall heraus, der für dünnes Wellblech in einer Stärke von 0,1 oder 0,2 Millimeter sprach: Es hatte einen deutlich geringeren Luftwiderstand. Dahinter steckte eine revolutionäre Erkenntnis, zu der Junkers und Reissner gelangten waren. Demnach war keineswegs, so wie allgemein vorausgesetzt wurde, das Gewicht des Flugzeugs ausschlaggebend, sondern Luftwiderstand und Auftrieb. Junkers kam zudem zu einer weiteren, ebenfalls revolutionären Entdeckung, die eng mit dieser ersten Erkenntnis zusammenhing. Wenn der Luftwiderstand ausschlaggebend sei, so müsse man diesen eben verringern. Zu diesem Zweck erfand er den „dicken Flügel“.

Zu dieser Zeit waren die die Maschinen Zwei- oder gar Dreidecker. Die Flügel aus Holz waren durch zahlreiche Verspannungen und Drähte miteinander verbunden. Das hatte einen großen Nachteil, der den Experten allerdings gar nicht bewusst war: sie boten einen großen Luftwiderstand. Zudem war man der Ansicht, dass die Flügel so dünn wie möglich sein mussten. Junkers fand nun durch seine zahllosen Versuche heraus, dass es viel besser ist, wenn alle diese Luftwiderstände in dem Flügel verschwinden, also von ihm ummantelt werden. Dieser Flügel konnte nach seiner Auffassung einen so großen Hohlraum bilden, dass in ihm Gegenstände mitgeführt werden könnten. Junkers war so überzeugt von seiner Idee, dass er sie sich im Februar 1910 patentieren ließ.

Es entsprach nicht seiner Gewohnheit, seine neue Erfindung sofort in die Tat umzusetzen. Für Junkers stand stets die Forschung im Mittelpunkt, nicht die schnelle Verwertung. Diese Auffassung sollte ihm in den kommenden Jahren, vor allem im Krieg, noch viele Schwierigkeiten verschaffen. Doch diesmal rettete sie ihn wohl vor einer großen Enttäuschung, denn dass ein Flugzeug, gebaut nach dem „Gleitfliegerpatent“ tatsächlich geflogen wäre, ist sehr unwahrscheinlich. Aber mit diesem Patent hatte er wichtige Vorarbeiten für die Zukunft geschaffen, und so darf es als ein Meilenstein in der Entwicklung der modernen Flugzeugtechnik betrachtet werden.

Reißner kam mit seinem Modell, zunächst nicht so richtig voran. Im Herbst 1909 aber flog sein Flugzeug auf der Brander Heide bei Aachen und im Jahr 1912 schließlich die Weiterentwicklung, die bekannt wurde unter dem Namen „Reißner-Ente“. Die Jco hatte dafür die Tragflächen aus Wellblech entwickelt und gebaut. Reißner hatte somit Junkers tatsächlich den entscheidenden Anstoß für die Beschäftigung mit dem Flugzeugbau gegeben.

Junkers verschrieb sich in dieser Zeit immer stärker der Flugzeugkonstruktion. Als sein ehemaliger Student Fritz Haas ihn 1911 in seinem Forschungslabor besuchte, habe er ihm „begeistert und aufgeschlossen, wie er ja fast immer war“, berichtet, „dass er sich der Fliegerei nun ganz in die Arme geworfen und dass er eine ungeheure Entwicklung eines neuen Zweigs der Technik erwarte“. Junkers war überzeugt davon, dass die Fliegerei viel mehr als nur ein Sport sei – er sah in Flugzeugen ein Verkehrsmittel der Zukunft.

Nachdem er 1912 aus den Diensten der Technischen Hochschule Aachen ausgeschieden war, baute er sich in seiner privaten Forschungsanstalt auf der Frankenburg einen Windkanal. Auch das war ziemlich fortschrittlich, über ein vergleichbares Instrument verfügten damals nur Gustave Eiffel in Frankreich und Professor Ludwig Prandtl an der Universität Göttingen. Verstärkt forschte er nun auch über die beste Form des Flugzeuges, damit dieses auf den möglichst geringsten Luftwiderstand treffe. Am Ende der Versuche stand die Erkenntnis, dass die Form eines Tropfes oder eines Fischs die beste sei, denn die Luft ströme am besten an einem Körper mit breitem Anfang, der sich nach hinten verdünne.

Mitten in diese Arbeiten platzte eine Nachricht, die alles veränderte: Am 1. August 1914 begann ein Krieg, der sich bald zu einem mehr als vierjährigen, brutalen Ringen ausweiten sollte. Für Junkers brachte das zunächst große Schwierigkeiten mit sich. Viele seiner Angestellten und Arbeiter im Dessauer Jco-Werk wurden eingezogen, Ersatz war kaum zu finden. Zudem gab es Schwierigkeiten bei der Metallbeschaffung, denn nun wurden Bomben und Minen gebraucht, keine Badeöfen.

Allerdings brachte der Kriegsausbruch auch Chancen. Flugzeuge als Kampfinstrument im Krieg hatten die Militärs zum Beginn des Krieges noch kaum auf dem Schirm. Das sollte sich nun allerdings rasch ändern und so war der Bedarf riesig. Junkers hatte bereits seit einigen Jahren Kontakte zu den Militärbehörden gehabt, aber eher sporadisch. Er galt zu dieser Zeit ja auch gar nicht als Flugzeugbauer, denn tatsächlich hatte er ja noch kein einziges Flugzeug gebaut. Andere waren da sehr viel weiter – allen voran der Holländer Anthony Fokker. Er hatte bereits 1913 mit Unterstützung der Heeresverwaltung ein Flugzeugwerk in Schwerin aufgebaut. Hier wurden auch Offiziere zu Piloten ausgebildet. Fokker hatte also beste Beziehungen zum Militär und er hatte mit seinem Zweidecker „Spinne“ bereits für Aufsehen gesorgt.

Fokker wurde der erfolgreichste Produzent von Militärflugzeugen im Krieg, auch wenn er manche Tiefen durchlebte. Sein Vorsprung vor Junkers war gigantisch, zumal Junkers anders als der junge, waghalsige Holländer nicht nur selbst kein Pilot war, sondern nicht einmal ein Flugzeug bestieg. Doch trotzdem wollte Junkers auch etwas vom Kuchen abhaben und so bemühte er sich ebenfalls um Aufträge des Militärs. Er stieß aber gleich auf mehrere grundsätzliche Probleme. Erstens wollte er eher eine Art Grundlagenforschung für die Zukunft betreiben, denn er war inzwischen davon überzeugt, dass das Metallflugzeug dem aus Holz überlegen sei. Das sah man allerdings bei der zuständigen Inspektion der Flieger (Idflieg) anders; in einem Metallflugzeug sah man hier eine fliegende Blechbüchse. Und zweitens war Junkers inzwischen zu der Ansicht gelangt, dass die beste Lösung ein Eindecker sei. Damit stand er allerdings ziemlich allein, allgemein wurde der Doppeldecker, so wie auch Fokker sie baute, bevorzugt.

Anders als Fokker war Junkers allerdings nicht in erster Linie am Geld verdienen interessiert. Geld spielte für ihn jetzt und immer nur die Rolle, ihm weitere Forschungen zu ermöglichen – ein wesentlicher Grund, warum ihn fast alle, die mit ihm zu tun hatten, als schlechten Kaufmann bezeichneten. Und anders als der Holländer Fokker, dem das Schicksal Deutschlands gänzlich egal war, war Junkers Patriot. Seinem Mitarbeiter G.A. Fritze gegenüber erwähnte er während der Kriegsjahre häufig, dass er sich wünschte, seine Flugzeuge könnten Deutschland die Lufthoheit bringen und so den Krieg entscheiden . Allerdings war Junkers kein Nationalist, denn er gab auch der Hoffnung Ausdruck, dass es danach keine Kriege mehr geben werde.

Der Anspruch, dass seine Flugzeuge den Krieg entscheiden könnten, wäre sicher in den Augen der Militärs vermessen gewesen. Denn sie misstrauten Junkers` Fähigkeiten. Das Militär brauchte jetzt im Krieg möglichst schnell möglichst viele Flugzeuge, so wie sie Fokker und Albatros lieferte. Für grundsätzliche Forschungen an irgendwelchen neuen Metallflugzeugen, Eindecker zumal, blieb demgegenüber doch überhaupt keine Zeit. Während Junkers durch die Erlangung von Kriegsaufträgen das Überleben des Jco-Werkes sichern musste, ließ er seine Ingenieure gleichzeitig weiter am Metallflugzeug forschen. Unter hohen Kosten und Mühen wurde tatsächlich im September und Oktober 1915 das erste Modell, die J 1, gebaut. Leutnant Mallinckrodt, der sich bereit erklärte, auf dem Militärflugplatz Döberitz einen Probeflug zu wagen, hatte das aufrichtige Mitleid seiner Kollegen, als er Anfang Dezember 1915 zum Erstflug abhob. Mallinckrodt zeigte sich anschließend aber sehr überrascht, denn der Flug wurde an sich ein Erfolg.

Die J 1, ein Eindecker aus Eisenblech, überzeugte vor allem durch ihre erstaunliche Schnelligkeit – sie kam auf 170 Stundenkilometer und war damit 20 Kilometer schneller als das beste Holzflugzeug. Und dass, obwohl sie einen kleinen Motor eingebaut hatte. Sie hatte aber ein Problem, und das war entscheidend: Sie war zu schwer. Das hohe Gewicht verhinderte eine ausreichende Steigleistung. Doch an Front wurden gerade Flugzeuge benötigt, die möglichst schnell in die Luft steigen konnten.

Somit war die J 1 in den Augen der Militärs für den Kriegseinsatz eigentlich nicht geeignet. Andererseits waren sie doch überrascht über die Geschwindigkeit und so gaben sie Junkers einen Auftrag zum Bau von sechs Maschinen, die als Jagdflugzeuge Verwendung finden sollten. Das war vermutlich mehr als ein Signal gedacht, um ihn bei der Stange zu halten. Allerdings war es für Junkers ein Schlag, dass ihm keine finanzielle Unterstützung für seine weiteren Forschungen zugesagt wurde. So musste er die Finanzierung für die Entwicklung selbst tragen – eine ziemliche Bürde. Trotzdem machte er sich wieder an die Arbeit. Im Juli 1916 war die J 2 als Weiterentwicklung der J 1 fertig. Bei einem Probeflug war ein Pilot über der Stadt Dessau abgestürzt und ums Leben gekommen. Die J 2 hatte das gleiche Problem: Sie war zu schwer und wurde erneut abgelehnt.

Junkers war frustriert. „Man kann doch nicht einfach das Metallflugzeug als minderwertig oder unbrauchbar hinstellen, weil das einzige zur Verfügung stehende Flugzeug dem neuesten Doppeldecker gegenüber ein viel größeres Gewicht aufweist und nicht so schnell steigt“, notierte er sich in seinem Notizbuch. Es komme doch nicht bloß auf kleines Gewicht und auf die Steiggeschwindigkeit und –höhe allein an. „Gelten denn große Geschwindigkeit und schnelles Fliegen in den unteren und oberen Luftschichten“ oder die „weitestgehende Beseitigung verletzbarer vitaler Teile usw. nichts?“ Aus dieser Notiz klang schon ein Hauch Verzweiflung, zumal Junkers natürlich wusste, dass sein Konkurrent Fokkers mit seinen Doppeldeckern aus Holz, die Junkers ja bereits als veraltet ansah, Millionen über Millionen verdiente.

Doch Junkers gab nicht auf; zu überzeugt war er davon, dass einem Eindecker aus Metall ohne äußere Verspannungen die Zukunft gehören würde. Die Frage bleibt, ob der Krieg ihn nun eigentlich in seinen Forschungen behinderte, oder ob er sie vielleicht sogar antrieb. Jedenfalls entschied sich Hugo Junkers nunmehr zu einer zukunftsweisenden Änderung – er tauschte das schwerere Eisenblech gegen das leichtere Duralumin aus. Wieder aber sollte es Schwierigkeiten über Schwierigkeiten geben. Denn Duralumin war im Krieg nur äußerst schwer zu beschaffen und außerdem hatten selbst die erfahrenen Metallbauer der Jco keine Erfahrung mit dem Verarbeiten dieses Metalls. Denn das Schweißen dieses dünnen Metalls war nicht möglich, es musste genietet werden – und dafür musste in Windeseile überhaupt erst einmal ein neues Verfahren entwickelt werden. Erschwert wurde die Sache doch dadurch, dass Junkers und seine Ingenieure sich anstatt für eine glatte für eine gewellte Oberfläche entschieden, weil diese mehr Stabilität versprach. Am Ende jedoch holte Junkers das größte aller Probleme ein: das Geld. Seine Mittel gingen ihm nämlich aus. Die J 3 wurde niemals gebaut.

Schweren Herzens nahm er nun ein Auftrag an, der vom Militär an ihn herangetragen wurde: der Bau eines schweren Infanterieflugzeugs. Bei dieser Maschine kam es nicht auf eine gute Steigleistung an, denn sie sollte als Aufklärer in nicht großer Höhe über feindliche Schützengräben fliegen. Junkers ließ einen zweisitzigen Eineinhalbdecker konstruieren – so unterlief er die Vorgabe, einen ihm so verhassten Doppeldecker zu bauen, wenigstens ein bisschen – mit dickem Flügel. Die Prüfer vom Militär waren dieses Mal zufrieden und zeigten sich von dem Bau einer Panzerwanne, die die Piloten vor Maschinengewehrkugeln schützte, sogar begeistert. Diese J 4 wurde zum ersten wirtschaftlichen Erfolg der Junkers-Fokker. Sie wurde 230-mal gebaut. Das Militär hatte Junkers zuvor in eine Ehe mit Anthony Fokker gezwungen. Junkers hatte von Beginn an Vorbehalte gehabt, er durchschaute den jungen Holländer besser als andere. Dieser sein ein „tüchtiger, aber auch gerissener und rücksichtsloser Kaufmann, dem außer seinem Ehrgeiz nur sein pekuniärer Vorteil maßgebend ist“ . Schon nach wenigen Monaten versuchte, er sich davon wieder zu lösen, was jedoch erst kurz nach dem Ende des Krieges gelang.

Der Grund für diesen Schritt war, dass die Militärs einsehen mussten, dass Junkers doch in der Lage war, Flugzeuge zu bauen und nicht nur Theoretiker war. Junkers aber trieb seine eigenen Forschungen auch jetzt voran, an denen er mit bewundernswerter Hartnäckigkeit festhielt. Er ließ von seinem Ingenieur Otto Reuter ein neues Flugzeug konstruieren, die J 7. Bei ihr handelte es sich um einen freitragenden Tiefdecker aus Duralumin. Ein erster Probeflug im September 1917 verlief sehr zufriedenstellend. Vor allem war es jetzt gerade die bisher so kritisierte Steigleistung der Vorgänger-Modelle, die überzeugte. Anfang Dezember kam Junkers` Partner Anthony Fokker nach Dessau, um die J 7 zu fliegen. Er galt als sehr erfahrener Pilot, warum sollte er also nicht die Maschine testen? Tatsächlich verlief der Flug gut, aber bei der Landung rollte er mit hoher Geschwindigkeit über den ganzen Flugplatz und landete in einer Mulde. Dabei wurde die Maschine erheblich beschädigt – und das alles unter den Augen von Junkers und seinen leitenden Mitarbeitern. Die Folge war, dass die J 7 erst Wochen später als geplant an einem Vergleichsfliegen der Idflieg teilnehmen konnte. Konnte es ein, dass einem so erfahrenden Piloten wie Fokker ein solcher Unfall unterlief? Junkers selbst und seine Mitarbeiter glaubten keine Sekunde daran. Sie sahen in dem „Unfall“ bewusste Sabotage. Fokker habe die Überlegenheit der Maschine gegenüber den eigenen erkannt und die Teilnahme an den Vergleichsflügen der Idflieg hinauszögern wollen. Wahrscheinlich entsprach dieser Vorwurf den Tatsachen.

Junkers tat indes nicht das was man erwarten konnte, sondern dass, was für ihn typisch war. Er ging nicht in die Serienproduktion, sondern entwickelte die J 7 zur J 9 fort. Sie wies weitere Verbesserungen auf und schnitt bei den Vergleichsflügen im Sommer 1918 hervorragend ab. Nun schien er am Ziel zu sein: Er konnte mit einem Flugzeug in die Serienproduktion gehen, dass Deutschlands Kampf gegen die Westmächte nachhaltig beeinflussen konnte, wie er es stets seit dem Ausbruch des Krieges gehofft hatte. Doch dann passierte etwas, womit er nicht gerechnet hatte: Ganz überraschend war plötzlich der Krieg zu Ende. Das warf zunächst alle Planungen über den Haufen. Aber nun profitierte Hugo Junkers davon, dass er viel mehr als viele Konkurrenten die künftigen Aufgaben des Flugzeugs als Mittel sah, um Personen und Material zu befördern. Nach einem kurzen Schock machte er sich an die Arbeit und ließ das Flugzeug konstruieren, das überhaupt erst zum Grundstein des zivilen Luftverkehrs werden sollte: die F 13. Den Grundstein dafür hatte er unter widrigen Umständen und größten Schwierigkeiten mit dem dicken Flügel, der Verwendung des Duralumin und der Erkenntnis, dass Eindecker, der zugleich Tiefdecker war, Vorteile gegen den Doppeldecker besaß – gelegt. Die Zukunft konnte kommen.

  1. Notizbuch Nr. 46 vom 25. Oktober 1907, Abschrift S. 4f vom 25.10.1907
  2. Ebenda
  3. Oberingenieur G.A. Fritz, Interview mit der Historikerin Conzelmann am 26.4.1943
  4. Notizbuch Nr. 45 vom 4. August 1916, Abschrift S. 11f
  5. Notizbuch Nr. 51 vom 18. Juli 1917, Abschrift S. 9f
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